Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Wetterextreme nehmen zu
Das Jahr 2016 war erheblich zu nass und deutlich zu warm – Dem großen Regen folgte die lange Dürre
BAD SCHUSSENRIED - Ein Winter, der keiner war, ein katastrophales Frühjahr mit gebietsweise verheerenden Regenmassen, ein Sommer, der spät noch mächtig auf Touren kam, die Berg- und Talfahrt im Herbst und der trockenste Dezember seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor über hundert Jahren: Das Jahr 2016 wird wohl nicht nur den wetterkundlich Interessierten und den von den Unwettern betroffenen Menschen noch lange in Erinnerung bleiben.
Die schlimmen Unwetter, vor allem im nordöstlichen Oberschwaben, mit Schäden von weit mehr als 100 Millionen Euro, Hagelgewitter, aber auch der Tornado von Reute bei Bad Waldsee und die enormen Temperatursprünge mit beachtlichen Hitzespitzen sind ein Fingerzeig auf das, was uns in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erwarten wird.
Das erste Halbjahr war geprägt von Tiefdruckgebieten, die immer wieder ihre Regenlast genau über unserer Region ausschütteten, besonders ergiebig und mancherorts katastrophal im Mai und Juni. Vielerorts wurde bereits im Juli das Jahressoll der Niederschlagsmenge erreicht, und lange Zeit war 2016 auf dem besten Weg, als niederschlagsreichstes Jahr in die Wettergeschichte einzugehen.
Doch dann kam ab dem 20. November eine schier unglaubliche Dominanz der Hochdruckgebiete und am Jahresende mit „Yörn“sogar ein Mega-Hoch mit dem höchsten Luftdruck seit mehr als einem Vierteljahrhundert, sodass sich das vergan- gene Jahr an der Wetterzentrale in Bad Schussenried mit einer Niederschlagssumme von 1113,5 Liter auf den Quadratmeter (30-jähriger Mittelwert: 920,5 Liter/m2) nach 1981 (1155,8 Liter/m2) und 2002 (1152,3 Liter/m2) letztendlich auf Platz drei in der Statistik einreihte. Im Allgäu fiel naturgemäß noch weitaus mehr Niederschlag. So verbuchte Hubert Blank in Wolfegg-Veesers 1429,4 Liter/m2, Norbert Fortenbacher in Leutkirch-Adrazhofen 1472,2 Liter/ m2, Alfons Ohlinger in Wangen-Ber- gerhöhe 1549,2 Liter/m2 und Timo Riedel in Isny 1759,0 Liter/m2. Absoluter Spitzenreiter war aber wieder einmal die Station von Günter Bischoff auf dem rund 1000 Meter hohen Steinberg, im Stau der Adelegg mit 1908,0 Liter/m2. Bemerkenswert auch der Wert von Leo Hoffmann in Riedhausen, am Rande des Pfrunger Rieds: 1421,6 Liter/m2.
Vergleichsweise wenig Niederschlag gab es auf der Ostalb (Neeresheim: 739,2 Liter/m2) und an der Donau, im Windschatten der Schwäbi- schen Alb, zwischen Erbach, über Ehingen und Riedlingen bis in den Raum Sigmaringen. Hier fielen um die 800 Liter/m2. Mit einer Durchschnittstemperatur von 9,3 Grad Celsius war es insgesamt gesehen deutlich zu warm, doch an die Rekordwerte von 2015 (9,8°C) und 2014 (10,0°C) kam das vergangene Jahr nicht heran.
Eine Spur zu kalt war es im Mai und Dezember, erheblich zu kalt im Oktober. Die anderen Monate lagen über der Norm, besonders der Januar und Februar und allen voran der alles überragende, prächtige September. An der Wetterzentrale in Bad Schussenried fiel das Quecksilber an 92 Tagen unter den Gefrierpunkt (Mittelwert: 114,1 Tage), wobei lediglich an 16 Tagen (32,2 Tage) Dauerfrost registriert wurde.
Die höchsten Temperaturen des Jahres wurden bereits recht früh, bei einer kurzen, aber heftigen Hitzewelle zwischen dem 22. und 24. Juni erreicht, mit Spitzenwerten von 35 Grad, quer übers Land verteilt gemessen in Ravensburg, Neukirch, Bergatreute, Horgenzell, Rißtissen, Tuttlingen und Allmendingen.
Die Sonnenscheindauer liegt im Bereich dessen, was man im Durchschnitt der letzten 30 Jahre erwarten darf: 1636,4 Stunden. Ein im Vergleich zum außerordentlich sonnenscheinreichen Vorjahr enttäuschender, angesichts des regenreichen Frühjahrs und Frühsommers allerdings doch noch ganz passabler Wert. Besonders trüb war es im Februar und Juni, während uns der August, der September und Dezember mit auffallend viel Sonnenschein verwöhnten.