Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wenn Rauschen und Knacksen zur Kunst werden
Klangkunst bei Vollmond im Neuen Ravensburger Kunstverein
RAVENSBURG (sz) - Eine MehrkanalAudio-Installation gibt es am Donnerstag, 12. Januar, ab 20 Uhr im Keller des Neuen Ravensburger Kunstvereins. Kristof Georgen präsentiert dort „Artefakte – Fixierte Improvisation für einen Keller“. Zu hören ist eine Komposition aus Rauschen, Knacksen und klanglichen Zwischeninterventionen.
Mehrere Plattenspieler des Typs Dual CS 621, diverse Lautsprecher, ein Geschirrwagen, Flaschen, Gläser, Kisten und weitere Materialien bil- den eine installative „Verlassenschaft“im Keller des Neuen Ravensburger Kunstvereins. Der Grundklang der Einspielung besteht aus analogen Nebengeräuschen wie Knistern und Knacksen von gebrauchten Schallplatten und wurde vom Künstler als Unikate neu hergestellt. Die Umkehrung der ursprünglich analogen, technikbedingten Nebengeräusche zum Hauptmotiv, überführt den Ort per wiederholter, automatisierter Einspielung in einen Zustand der Abwesenheit von musi- kalischer Darbietung. Vergleichbar mit dem Grundrauschen (Eigenrauschen von technischen Geräten oder natürlichem Rauschen) steht die Komposition für das Verhältnis von Redundanz und Information. Die Komposition macht aber auch die Spur einer möglichen Geschichte hörbar, welche als Zusammenhang von menschlicher Einwirkung auf den Ort und veränderter Situation gedeutet werden kann. So wird der geräuschhafte Grundklang durch gegenstandsbezogene und tonale Sam- ples durchbrochen und die Vorstellung einer Handlung erzeugt.
Kristof Georgen, der in Stuttgart und Ravensburg lebt, geht kulturellen Prägungen und Praktiken mittels Bild, Klang und Sprache auf den Grund. Zunächst als Musiker tätig, studierte er Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat Georgen seine ästhetische Reflexion und Gestaltung um zeitbasiertes Material, insbesondere Sound und Video, erweitert und entwickelt meist ortspezifische, raumgreifende Installationen. Den Ausgangspunkt seiner auditiven Einspielungen bilden dokumentarische Aufzeichnungen aus der alltäglichen Lautsphäre. Er konstruiert hieraus audio-visuelle Räume und Situationen, die den jeweiligen Ort thematisch reflektieren. In seinen Kompositionen erforscht Georgen damit die Wechselbeziehungen und die gesellschaftliche Repräsentation von Sprachdokumenten, Klängen und Geräuschen, die Spiegel alltäglicher Ereignisse sind.