Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Bürgermeister muss ansprechbar sein“
Tobias Brändle spricht über seine ersten 100 Tage als Rathauschef von Ebenweiler
EBENWEILER - Tobias Brändle ist seit 100 Tagen Bürgermeister von Ebenweiler. Für den 40-Jährigen war das ein beruflicher Neustart: Er leitete bis Ende September die Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Ravensburg in Bettenreute. Mit Barbara Baur hat er über seine ersten Tage im neuen Amt gesprochen, über wichtige erste Projekte und unliebsame Aufgaben.
Herr Brändle, wie sind Sie in Ebenweiler aufgenommen worden? Von der Gemeindeverwaltung bin ich sehr gut aufgenommen worden. Wir haben sehr kompetente Mitarbeiterinnen und einen meinungsstarken Gemeinderat. Es hat von Anfang an gut funktioniert, und jetzt haben wir uns aneinander gewöhnt. Der Umgang miteinander ist in allen Bereichen sehr fair.
Was haben Sie als erstes gemacht? Zuallererst habe ich überlegt, was in der ersten Sitzung des Gemeinderats unter meiner Leitung auf der Tagesordnung stehen sollte. Ich habe einen Prioritätenplan aufgestellt und festgelegt, was in der kommenden Zeit wichtig ist. Auch die Unterbringung einer syrischen Familie mit drei Kindern gehörte zu meinen ersten Aufgaben.
Wie haben Sie sich eingearbeitet? Am Anfang musste ich sehr viel lesen, Abläufe und Zuständigkeiten teilweise erfragen. Sehr gute Hilfe habe ich auch vom Gemeindeverwaltungsverband Altshausen bekommen. Dort bin ich in allen Fragen kompetent beraten und unterstützt worden. Fragen jeglicher Art kann ich auch mit Kollegen besprechen.
Was ist Ihnen aus Ihrer neuen Perspektive auf Ihre Heimatgemeinde aufgefallen? Weil ich 30 Jahre in Ebenweiler gelebt habe und den Bezug zu Ebenweiler nie verlor, habe ich keine ganz großen Überraschungen erlebt. Die Gemeinde ist liebenswert, vor allem durch die Vereine und das große bürgerschaftliche Engagement. Die Bürger stehen zu ihrer Gemeinde. Zum Beispiel wurden vor kurzem Spenden für einen Bauturm auf dem Spielplatz gesammelt. Drei Vereine und Gruppierungen, die sich dafür eingesetzt haben, finanzieren das Spielgerät zu einem großen Teil. Die Gemeinde steuert noch einen Teil hinzu, aber dass es im Frühjahr gebaut wird, ist großteils auf das bürgerschaftliche Engagement zurückzuführen. In Ebenweiler bringen sich viele Menschen ehrenamtlich ein. Das freut mich besonders.
Was ist das dringendste Projekt, das Sie angehen wollen? Das größte Projekt ist 2017 die Schaffung eines Baugebiets. Das soll noch in diesem Jahr geplant und umgesetzt werden. Bis das erforderliche Genehmigungsverfahren durch ist, wird es ein dreiviertel Jahr dauern. Ich hoffe, dass im Frühjahr 2018 schon die ersten Familien ein Haus in dem neuen Baugebiet bauen können. Das erwarten die Bürger auch. Es ist spürbar, dass sich das angestaut hat und es jetzt allerhöchste Zeit ist.
Was steht noch an? Die Sanierung des Ebenweiler Weihers wird dieses Jahr vorbereitet. Damit das Wasser im Winter 2017/2018 abgelassen werden kann, sind einige Vorbereitungen notwendig. Es müssen ein Mönch, also ein Ablassbauwerk, und ein Schlammfangbecken errichtet werden. Das ist möglich, weil Ebenweiler Mitglied im Aktionsprogramm zur Sanierung oberschwäbischer Seen ist.
Warum ist das notwendig? Das Ablassen soll die Verlandung verlangsamen und die Badewasserqualität verbessern. Der Weiher wurde um 1965 zum letzten Mal abgelassen. Auf dem Grund hat sich sehr viel Schlamm abgesetzt. Für Ebenweiler ist der Weiher als Naherholungsgebiet wichtig.
Was kommt demnächst noch auf die Gemeinde zu? Wichtig ist die Kläranlage, wo die Einleitungsgenehmigung abgelaufen ist. Um eine neue Genehmigung zu erhalten, sind einige Veränderungen notwendig. Außerdem müssen an der Grundschule einige kleinere Sanierungen gemacht werden. Teilweise müssen die Bodenbeläge erneuert werden, teilweise geht es auch um Brandschutz. Das Treppenhaus muss beispielsweise mit Rauchfangtüren ausgestattet werden. Bei Feuerwehrproben hat sich gezeigt, dass man dort wenig sieht, wenn die Luft rauchig ist. Deswegen muss der Fluchtweg auch ausgeleuchtet und beschildert werden. Und dann steht noch die Sanierung des Rathauses an. Das Dach und die Fassade werden im Frühjahr erneuert. Das ist nötig, weil zum Teil der Putz abbröckelt. Im Kindergarten stehen in den kommenden Jahren auch Sanierungsarbeiten an. Welche Themen werden Sie mittelund langfristig begleiten? Wir müssen uns dringend Gedanken über den Standort des Bauhofs machen. Es gibt zwei nahezu einsturzgefährdete Gebäude. Mittelfristiges Ziel ist, einen neuen Standort zu finden, wo der Bauhof zeitgemäß arbeiten kann. Bisher fehlt es an allem. Es gibt zum Beispiel keinen warmen Raum, den das Personal im Winter nutzen kann, um Maschinen zuwarten und zu reparieren. Ein Dauerthema, das auch in Ebenweiler vermutlich noch Jahrzehnte immer wieder aufschlagen wird, ist die innerörtliche Nachverdichtung. Immer wieder stehen hier ehemalige landwirtschaftliche Gebäude zum Verkauf. Daraus lassen sich innerörtliche Bauplätze kreieren. Auch die Flurneuordnung wird die Gemeinde noch Jahre beschäftigen.
Und was wird die Gemeinde in den kommenden Jahren teuer zu stehen kommen? Ein unliebsames Thema ist die Sanierung von Wasserleitungen und Kanälen. Es ist mit hohen Kosten verbunden, aber einfach nicht vermeidbar. Dass die Infrastruktur gut funktioniert, ist eine absolute Grundnotwenigkeit für die Gemeinde. Wir wissen, dass Bedarf besteht. Es muss einfach sein.
Was wünschen sich die Bürger von Ihnen? Zunächst ehrliche Informationen und Bauplätze. Als Bürgermeister muss man ansprechbar sein. Eine unkomplizierte Kontaktmöglichkeit zum Bürgermeister ist ein Grundrahmen dafür, dass eine Gemeinde funktioniert.