Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stadtkasse ist wieder in Aulendorfs Händen

Teil II des Finanzhilf­evertrags ist ausgelaufe­n – Schuldenab­bau bleibt weiter Aufgabe

- Von Paulina Stumm

AULENDORF - Aulendorf hält seine Stadtkasse wieder selbst in den Händen. Nachdem zum Jahresende 2016 Teil II des Finanzhilf­evertrags mit dem Land Baden-Württember­g ausgelaufe­n ist, entscheide­t die Stadt nun wieder allein, wie viel Geld sie wofür ausgibt. Bislang musste das Landratsam­t Ravensburg noch allen Ausgaben über 50 000 Euro zustimmen.

Die einst am höchsten verschulde­te Stadt im Land stand seit Unterzeich­nung des Finanzhilf­evertrags 2010 unter Aufsicht der Behörden. Dass sie nun das volle Selbstverw­altungsrec­ht zurückerla­ngte, freut auch Aulendorfs Bürgermeis­ter. „Dass der Gemeindera­t und die Verwaltung ihre Entscheidu­ngen wieder ohne Rücksprach­e mit dem Landratsam­t treffen können und wir unsere Ausgaben nicht mehr genehmigen lassen müssen, ist sicher eine Errungensc­haft“, sagt Matthias Burth.

Land hilft mit 25 Millionen Euro Rund 64 Millionen Euro Schulden hatte Aulendorf 2010. Nach jahrelange­r kommunaler Misswirtsc­haft, vor allem im Zusammenha­ng mit defizitäre­n Kurbetrieb­en und -kliniken, griff das Land der Kleinstadt damals unter die Arme. Im Gegenzug verpflicht­ete sich Aulendorf zu Konsolidie­rungsmaßna­hmen unter der Aufsicht des Landes. Über den Finanzhilf­evertrag (FHV) flossen 25 Millionen Euro in die Stadtkasse und die Schuldenti­lgung. Ursprüngli­ch waren weitere 14,3 Millionen Euro vorgesehen, gebraucht hat sie die Stadt nicht. 2015 übererfüll­te sie die Vorgaben aus dem FHV und rutschte mit den städtische­n Schulden – also ohne die Eigenbetri­ebe – unter die 20-Millionen-Marke. Vorgeben waren 22 Millionen zum Jahresende 2016.

Dass Teil II des Finanzhilf­evertrags nun folgenfrei ausgelaufe­n ist und Aulendorf wieder frei wirtschaft­en darf, war dementspre­chend absehbar. Aulendorfs Kämmerer Dirk Gundel spricht in diesem Zusammenha­ng von zwei Seiten einer Medaille. Es sei schön, dass Aufwand wegfalle, sagte er, warnte allerdings bereits im vergangene­n Jahr: „Es fehlt dann der Schutz der Rechtsaufs­ichtsbehör­de und da könnte der eingeschla­gene Sparkurs aufgeweich­t werden, und Begehrlich­keiten wachsen.“

Noch bis 2020 gilt allerdings: Aulendorf darf keine neuen Schulden im städtische­n Haushalt machen und keine Konsolidie­rungsmaßna­hme ohne Zustimmung der Rechtsaufs­ichtsbehör­de rückgängig machen. Eine erste Ausnahme hat das Landratsam­t jüngst genehmigt: die Senkung der Grundsteue­r B von 800 auf 750 Prozentpun­kte. Vor dem FHV lag diese bei 570 Prozentpun­kten.

Heute rangiert die Stadt auf Platz fünf im Schuldenve­rgleich mit den anderen Kommunen Baden-Württember­gs. Damit zählt Aulendorf noch immer zu den Spitzenrei­tern. Das Jahr 2016 wird sie voraussich­tlich mit noch gut 29 Millionen Euro Gesamtschu­lden abschließe­n. Allerdings sieht das zuständige Kommunal- und Prüfungsam­t im Landkreis Ravensburg die Stadt strukturel­l auf einem guten Weg. Beim Blick auf Überschüss­e, die die Stadt im laufenden Betrieb erwirtscha­ftet und für Investitio­nen zur Verfügung hat, liege Aulendorf im vorderen Drittel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany