Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Viel Arbeit am Geburtstag
MELBOURNE (SID) - Das Ständchen aus 12 000 Kehlen in der Rod-LaverArena zauberte Geburtstagskind Angelique Kerber doch noch ein Lächeln ins Gesicht. Vergessen war zumindest für kurze Zeit die Unzufriedenheit über die eigene Leistung beim 6:2, 6:7 (3:7), 6:2 im deutschen Zweitrundenduell mit Carina Witthöft bei den Australian Open.
Und Kerber muss gespürt haben, dass die Zeit reif ist, die latente Kritik am holprigen Auftakt ihrer Mission Titelverteidigung nach zwei Dreisatzsiegen zu kontern. „Ich bin halt keine, die die Gegnerinnen immer mit 6:1, 6:1 besiegt“, sagte die 29-Jährige. „Aber mit dieser Art bin ich dahin gekommen, wo ich jetzt bin.“An die Spitze der Tennis-Weltrangliste eben.
Doch auch Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner hat in den Tagen von Melbourne den Eindruck, dass die noch frische Bürde der Nummer 1 schwer auf den Schultern Angelique Kerbers lastet. „Angie war gegen Carina nicht locker und hat nicht frei aufgespielt“, sagte Rittner. Bange ist der 43-Jährigen aber trotzdem nicht: „Ich denke, sie wird jetzt von Runde zu Runde besser. Weil sie es muss – und auch kann.“
Witthöft jedenfalls behauptete, schon früh Verunsicherung bei Kerber gespürt zu haben. „Ich glaube, sie war von Anfang an mental angeschlagen. Speziell aber im Tiebreak des zweiten Satzes, das hat man am Aufschlag gemerkt“, urteilte die 21-Jährige aus Hamburg, der selbst 69 „unforced errors“unterliefen – sechs Doppelfehler gleich in ihren ersten beiden Aufschlagspielen. Zwei Doppelfehler hintereinander fabrizierte Kerber ihrerseits im Tiebreak des zweiten Durchgangs. Gefrustet warf die zweimalige Grand-Slam-Siegerin ihren Schläger auf den Boden.
Selbst eine 2:0Führung nach einem klar gewonnenen ersten Satz brachte Kerber nicht die Art von Dominanz, die einige Experten wie John McEnroe („Sie wird nicht lange an der Spitze bleiben“) von einer Nummer 1 erwarten. Kerber selbst sprach von zu vielen Fehlern (insgesamt 34) im Duell mit der Weltranglisten-89. Witthöft. „Ich muss konstanter werden, das waren zu viele Aufs und Abs. Aber ich mache jetzt keine Panik“, sagte Kerber. „Ich habe gewonnen – und das zählt.“Am Abend ging die Linkshänderin, die nun auf Kristyna Pliskova (Tschechien) trifft, mit ihrem Team um Coach Torben Beltz und Physiotherapeutin Cathrin Junker zum Geburtstagsessen in die Stadt. Entspannen war angesagt – aber auch eine Analyse der Schwachpunkte.