Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weltweit Proteste zu Trumps Arbeitsbeginn
Der neue US-Präsident verschärft Angriffe gegen Medien und dreht Obamas Politik zurück
WASHINGTON/BERLIN (dpa/her) Begleitet von weltweiten Protesten hat US-Präsident Donald Trump seine Amtsgeschäfte aufgenommen. Unmittelbar nach seiner Amtseinführung hatte der Republikaner begonnen, die Politik seines Vorgängers Barack Obama rückgängig zu machen. Am Sonntag verschärften Trump und sein Sprecher ihre Fehden mit den großen US-Medien.
Der neue Präsident warf den Medien vor, böswillig die Zahl der Zuschauer bei seiner Vereidigung als zu niedrig dargestellt zu haben. Sein Sprecher Sean Spicer drohte damit, die Medien „zur Rechenschaft zu ziehen“. Trump selbst sprach bei einem Besuch bei der CIA von einem „fortlaufenden Krieg“mit den Medien, die sich ihrerseits entschieden gegen die neuen Anschuldigungen verwahrten.
Die Angriffe am ersten vollen Amtstag des Präsidenten erfolgten vor dem Hintergrund von Massendemonstrationen gegen ihn. Am Samstag versammelten sich allein in Washington Hunderttausende zu einer der größten Demonstrationen in den USA seit Langem. Noch größer, auf 750 000 Menschen, wurde die Zahl in Los Angeles geschätzt. In New York waren es rund 250 000, die lautstark und farbenfroh die Wahrung von Menschen- und Bürgerrechten forderten und gegen Hass und Intoleranz eintraten. Auch in europäischen Städten wie London, Paris, Berlin und München gingen Demonstranten gegen Trump auf die Straße.
In einer seiner ersten Amtshandlungen unterschrieb der neue USPräsident eine Anordnung, die in der Praxis auf eine Abschaffung der in Obamas Gesundheitsreform verankerten Versicherungspflicht für alle hinauslaufen könnte. Ein Ersatz für „Obamacare“, den Trump und seine Republikaner versprochen hatten, ist bislang nicht in Sicht. Für heute und die kommenden Tage sind weitere Erlasse zu erwarten, für die der Präsident den Kongress nicht braucht.
Merkel mahnt Respekt an Mit seiner grimmigen Antrittsrede, in der er eine schonungslose Interessenpolitik ankündigte, hatte Trump bereits bestehende Sorgen im Ausland verstärkt. Ausländische Politiker reagierten entsprechend verhalten auf seine Äußerungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte einen Umgang mit Respekt auf der Basis gemeinsamer Werte an. „Das transatlantische Verhältnis wird nicht weniger wichtig in den nächsten Jahren, als es in der Vergangenheit war. Dafür werde ich arbeiten“, sagte Merkel bei einer Klausur der Südwest-CDU im Kloster Schöntal. Kompromisse seien immer dann am besten möglich, „wenn man sich in Respekt miteinander austauscht“.
SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte „hoch nationalistische Töne“des US-Präsidenten. „Der meint das wirklich ernst, und ich glaube, wir müssen uns warm anziehen“, so der Vizekanzler. Vieles von dem, was Trump sage, sei verstörend. Für Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist Trumps Präsidentschaft eine Zäsur. „Mit der Wahl Donald Trumps ist die alte Welt des 20. Jahrhunderts endgültig vorüber“, sagte er der „Bild am Sonntag“.
Als erster ausländischer Regierungschef reist die britische Premierministerin Theresa May am Freitag nach Washington. Bei ihrem Besuch wolle sie mit Trump unter anderem über ein mögliches bilaterales Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA sprechen, sagte May am Sonntag der BBC. Zudem solle es um die Bedeutung der Nato gehen. SEITE 4