Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kuschelkurs mit der Kanzlerin
Die Südwest-CDU hat sich mehrheitlich versöhnt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nach den verlorenen Landtagswahlen im März 2016 hatten ihr viele Parteimitglieder eine Mitschuld am Absturz der CDU gegeben. Merkels liberale Flüchtlingspolitik habe Konservative verschreckt, lautete der Vorwurf. Die Stimmung in der CDU hat sich gewandelt – aus mehreren Gründen: Einerseits sind die Flüchtlingszahlen zurückgegangen, andererseits musste Merkel in Ansätzen einen Kursschwenk vollziehen.
Balsam für die Unionsseelen im Südwesten war der Bundesparteitag in Essen. Dort setzte der Landesvorsitzende Thomas Strobl strikte Positionen in der Asylpolitik durch. Doch der Kuschelkurs mit Merkel hat auch andere Gründe. Die Südwest-CDU weiß, dass es keine Alternative zur Kanzlerin gibt. Und die Parteivorsitzende weiß ebenso, dass sie im September den Rückhalt aus BadenWürttemberg braucht.
Die Christdemokraten können sich in Baden-Württemberg ein weiteres Debakel wie 2016 nicht leisten. Wenn die Partei ein starkes Ergebnis bei den Bundestagswahlen einfahren will, muss sie geschlossen auftreten. Denn Wahlkampf gegen Merkel geht schief – das hat die CDU im Land schmerzhaft erfahren. Die Absetzbewegungen kurz vor dem Wahltermin im vergangenen Jahr kosteten den damaligen Spitzenkandidaten Guido Wolf entscheidende Sympathien bei Wählern und Parteifreunden.
Landeschef Strobl und sein neuer Generalsekretär Manuel Hagel müssen 2017 liefern, wenn sie den Erneuerungsprozess der Landespartei erfolgreich durchsetzen wollen. Das geht nur mit Merkel – und nur mit der eigenen Basis. Diese mitzunehmen, ohne auf der Jagd nach AfDStimmen dem Populismus zu verfallen, ist die große Herausforderung. Sonst bringt der Kuschelkurs mit der Kanzlerin der Landesspitze am Ende wenig. Denn fest steht auch: Die Kritiker von Merkel gibt es weiterhin, ebenso wie jene von Thomas Strobl. Sie werden wieder sehr laut werden, sollte das Ergebnis im Herbst nicht den Erwartungen entsprechen.
k.korf@schwaebische.de