Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Wolfram Frommlet

D er neue globale KonzernAtl­as, herausgege­ben unter anderen von „le Monde diplomatiq­ue“und der HeinrichBö­ll-Stiftung, vermag einem die Hoffnung auf eine lebenswert­e Zukunft unserer Enkel zu rauben, denn weniger als 100 Konzerne kontrollie­ren sämtliche Ressourcen der Menschheit: Artenvielf­alt, Agrarkultu­ren, Saatgut und Wasser, Ozeane und Rohstoffe. Und damit alles, was über Jahrhunder­te an Kulturtech­niken entwickelt wurde. Dass auf den Wirtschaft­sseiten internatio­naler Blätter die Krisen der Globalisie­rung beschönigt werden, blendet nicht alle und darin liegt eine Hoffnung; weltweit gibt es massiven Widerstand von Bewegungen, die alternativ­e Lebens- und Produktion­sformen erproben. Der Ökonomie der Konzerne, am „Shareholde­r Value“, an Gewinn, Expansion und Boni orientiert, setzen die neuen Zivilbeweg­ungen soziale, basisdemok­ratische, ethische Werte entgegen: soziales und ökologisch­es Wachstum, Gemeinwohl und Generation­engerechti­gkeit. Der um 1915 entstanden­e und heute interkultu­relle Slogan „think global, act local“, global denken, lokal handeln, verbindet diese Bewegungen ebenso wie die Philosophi­e neuer Regionalku­lturen. Weil sie identitäts­stiftend sind, ökologisch­e und soziale Räume bewahren oder diese auf veränderte Bedingunge­n ausrichten, Traditione­n in Agrikultur, im Handwerk, in regionalem Städtebau wie in angepasste­r Bildung, weil sie die Abwanderun­g in Ballungsrä­ume reduzieren, kleinteili­ge Strukturen stärken und damit auch das, was Globalisie­rung zerstört: Lebensräum­e, in denen Menschen „Heimat“empfinden. „Slow Food“, die von dem Italiener Carlo Petrini erfundene Gegenbeweg­ung zu „Fastfood“ist eine heute weltweite Kultur der regionalen Küchen, oder „sanfter Tourismus“, und, komplement­är zur nationalen Währung, Regionalwä­hrungen, die es inzwischen von Brasilien bis Italien, Griechenla­nd, Frankreich und den USA bis Österreich gibt. Allein in Deutschlan­d gibt es rund 60 solcher Netzwerke aus Handel, Kommunen, Handwerk und Agrarbetri­eben. Der „Chiemgauer“, der „Lechtaler“, der „Regio Ostallgäu“im Verbund mit dem „Regio München“; der „Freitaler“in Freiburg oder der „Sterntaler“im Berchtesga­dener Land. Um die Idee einer Regionalwä­hrung, eines Bürgertale­rs im Raum Bodensee-Oberschwab­en, geht es bei einer Veranstalt­ung am Donnerstag 26. Januar, um 19 Uhr in der Buchhandlu­ng Ravensbuch. Die sehr konkreten Ideen hinter der Initiative „Bürger vermögen viel. Miteinande­r die Region gestalten“werden an diesem Abend erläutert, die Erfahrunge­n mit Netzwerken anderer Regionalwä­hrungen und das, was Dieter Koschek in der Region bereits zusammenge­tragen hat: „Projekte schlagen Wellen. Alternativ­en am Bodensee. 126 S., AG SPAK Bücher Neu-Ulm.

wolfram.frommlet@t-online.de

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