Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zu umständlich gegen abgeklärte TSG
Hoffenheim baut Superserie weiter aus – Bobadilla verlängert Vertrag bis 2020
AUGSBURG - Wirklichen Grund zur Freude hatten die Fans des FC Augsburg am Samstag lediglich vor dem Anpfiff, als auf der Videoleinwand die Vertragsverlängerung von Sturmbüffel Raul Bobadilla bis 2020 verkündet wurde. Anschließend sahen die 24 515 Zuschauer in der WWK-Arena, wie ihre Mannschaft kein Mittel fand, um die Superserie der abgeklärten Hoffenheimer zu stoppen. Die TSG gewann 2:0 und sprang auf Tabellenplatz drei.
Dabei ist das mit Bundesligaserien immer so eine Sache. Alle sprechen drüber, zählen die Steigerungen, doch den Beteiligten sind sie oft eher zweitrangig. So war Trainer Julian Nagelsmann nach dem zehnten Saisonsieg beim Club aus BayerischSchwaben, der eine Hinrunde ohne Niederlage besiegelte, weniger euphorisch als manch Umstehender. „Ich verliere ungern, deshalb hat das für mich natürlich schon eine Bedeutung. Dadurch ist die Stimmung noch besser“, sagte der 29-Jährige. Doch für ihn stand eher die vorangegangene Leistung seiner Mannschaft im Vordergrund. „Es war bei den Temperaturen schwer reinzukommen. Es verlangt viel Kampf, bis das Blut bei den Situationen ins Fließen kommt.“
Mit dieser blumigen Beschreibung traf er ziemlich genau den Eindruck, den wohl die meisten Zuschauer von den ersten 20 Minuten hatten. Viele gröbere Zweikämpfe, taktische Fouls und eine allgemein etwas härtere Gangart, bei der die Augsburger Spieler um Trainer Manuel Baum den besseren Start erwischten. Doch brachten die Versuche allesamt nichts ein. Jonathan Schmid beackerte unermüdlich die rechte Seite und auch Dong-Won Ji zeigte öfter seine Technik – allerdings blieb das Ganze recht brotlos.
Zählbares gab es dann zu Beginn der zweiten Halbzeit. Die TSGler erwischten einen Blitzstart. In der 47. Minute schickte der zur Halbzeit eingewechselte Andrej Kramaric Stürmer Sandro Wagner, der sich in typischer Sandro-Wagner-Manier durchtankte und abgeklärt zu seinem zehnten Saisontor vollendete. „Das 1:0 war der Dosenöffner, danach haben wir schnellen Fußball gezeigt, gute Diagonalbälle gespielt und immer wieder auf die Kette dribbeln können“, so Nagelsmann, der aus dem 50 Kilometer von Augsburg entfernten Issing stammt und seine ersten Schritte als Trainer beim FCA machte.
Sein Augsburger Gegenüber, Manuel Baum, sah seinen Plan bis dahin aufgegangen: „In der ersten Halbzeit haben wir es richtig gut gemacht, die Räume und Spieler sehr gut zugekriegt.“
Nach dem Gegentor sah die Sache jedoch anders aus. „Wenn man nach zwei Minuten in der zweiten Halbzeit in Rückstand gerät, dann ist alles, was man sich in der Pause vorgenommen hat, wie weggeblasen“, klagte Innenverteidiger Martin Hinteregger. Danach sei seine Mannschaft zu gierig geworden, befand Baum. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen seien auch zu groß geworden. „Die Hoffenheimer konnten dann da reinspielen“, meinte der Nachfolger von Dirk Schuster zu den dadurch entstehenden Lücken in der Defensive.
Und während die Augsburger nicht zielstrebig genug handelten, legten die Gäste durch Andrej Kramaric (64.) noch ein zweites Tor nach. „Für mich war das kein reguläres Tor, da dem eine klares Abseits von Sandro Wagner vorausging“, meinte Baum. Wagner hatte zwar nicht direkt eingegriffen, allerdings Paul Verhaeghs Laufweg gestört.
Raul Bobadilla, der das Spiel noch einmal herumreißen sollte, stand da bereits an der Seitenlinie zur Einwechslung bereit, musste als erste Amtshandlung die Traube der jubelnden Hoffenheimer Spieler betrachten.
„Wir wollten den Schwung aus den letzten Spielen mitnehmen und haben in der ersten Hälfte gut gespielt, aber nicht viele Torchancen kreiert“, bemängelte Außenbahnspieler Philipp Max nach der ersten Niederlage im dritten Spiel unter Baums Führung.
Augsburgs Manager Stefan Reuter attestierte seiner Mannschaft „gute Ballgewinne“, haderte aber vor allem mit der Offensive. „Wir hatten wenig klare Tormöglichkeiten, waren zu umständlich – gerade auf den Außenpositionen. Gerade bei dem etwas seifigen Platz kann auch einmal ein Ball reinrutschen, aber dafür brauchen wir mehr Präsenz im Strafraum.“
Ein Fakt, der durch die Vertragsverlängerung Bobadillas – Reuter zufolge ohne Ausstiegsklausel – auf lange Sicht erfüllt sein könnte. Auch wenn das die Zuschauer am Samstag, bei fast zehn Grad unter null, nur wenig getröstet haben dürfte.
Hoffenheim bleibt auch im 17. Hinrundenspiel der Bundesliga ungeschlagen. Sieben Siege und zehn Unentschieden die Kraichgauer in ihrer besten Halbserie der Vereinsgeschichte eingefahren. Sie machten es damit fünf anderen Teams nach, die das Kunststück vollbrachten, die Hinrunde ohne Niederlage abzuschließen. Umgerechnet auf die Drei-PunkteRegel waren das: 1982/83 Hamburger SV 35 Punkte 1988/89 Bayern München 35 2009/10 Bayer Leverkusen 35 2013/14 Bayern München 47 2014/15 Bayern München 45 2016/17 TSG Hoffenheim 31
(In Klammer Platzierung nach der Hinrunde sowie am Saisonende.)