Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Spott ist gratis
Der Kampf um die Bedeutungshoheit begann praktisch in der Sekunde des Platzverweises. Für die Reporter der „Bild“war Lukas Hradeckys Missgriff im Spiel seiner Frankfurter Eintracht in Leipzig der „Blackout des Jahres“, für die gewohnt meinungsfreudigen Kollegen von „bild.de“gar der „Torwart-Bock des Jahres“. Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic bezeichnete die Aktion des Torhüters, der nach 131 Spielsekunden außerhalb des Strafraums den Ball festgehalten und dafür natürlich die Rote Karte erhalten hatte, als „Reflex, da kann man ihm keinen Vorwurf machen.“Blackout? Reflex? Hradecky selbst analysierte die fatale Szene mit einem Schuss Selbstironie, er wusste ja selbst, dass es amüsant ausgesehen hatte, so: „Ich hätte den Ball gehabt, aber dann bin ich ausgerutscht – und dann hat es so ausgesehen ...“, sagte er. Reine Ungeschicklichkeit? Nicht ganz! „Ich wollte kein Tor kassieren. Ich musste etwas entscheiden. Als Torwart kann ich den Ball doch nicht reingehen lassen“, ergänzte er und bekräftigte: „Beim nächsten Mal würde ich wieder so entscheiden.“Ungeschick mit purer Absicht, also, ganz nach dem Motto: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen – und kann wenigstens versuchen, besagten Schaden zu minimieren. Klappte nicht. Hradecky musste nicht nur vom Platz, Leipzig ging nach dem fälligen Freistoß in Führung, gewann am Ende 3:0. Vorwürfe machte Hradecky aber niemand. Zumal sein Ersatzmann Heinz Lindner seine Sache gut machte und sich nach Sichtung der Zeitlupen bald auch Hradeckys Interpretation der Szene durchsetzte. „Lukas tut mir ein bisschen leid. Ich hab ihm vorhin gesagt: Das passiert dir einmal in deiner Karriere, dass du ausrutschst in so einer Situation“, sagte Bobic später.
Konnte man über Hradeckys Ausrutscher samt Fehlgriff noch trefflich diskutieren und am Ende mindestens Schmunzeln, darf es über Jaroslaw Drobnys Kung-Fu-Tritt gegen Marco Reus keine zwei Meinungen geben. Die Attacke des Bremer Torhüters auf den Dribbler des BVB war gesundheitsgefährdend – mindestens. Es grenzte an ein Wunder, dass Reus, ohnehin verletzungsanfällig, weiterspielen konnte. Dass Oliver Kahn einst weit außerhalb des Strafraums den damaligen BVB-Stürmer Stéphane Chapuisat mit einem ähnlichen Tritt entgegensprang, machte Drobnys Attacke nicht besser, zumal Kahn Chapuisat damals auch nicht getroffen hatte. In die Bredouille brachte Drobny mit dem Tritt nicht nur sich selbst, der DFB wird es sicher nicht bei einer milden Strafe belassen, sondern auch seinen Trainer. Alexander Nouri hatte sich erst in der Winterpause auf Drobny als Stammkeeper festgelegt, nun muss die nächsten Wochen der eigentlich für schlechter befundene Felix Wiedwald wieder ran – und das jetzt, wo sich Bremen nach dem 1:2 wieder mitten im Abstiegskampf befindet.
Auch in Dortmund bahnt sich ein unfreiwilliger Torwartwechsel an. Unfreiwillig zumindest für Roman Weidenfeller. Der Routinier durfte zuletzt den verletzten Roman Bürki vertreten, der nun aber kurz davor ist, wieder voll einsatzfähig zu sein. „Ich habe gut gespielt, es gibt keinen Grund, irgendwas zu ändern“, sagte Weidenfeller, der seinen Stammplatz vor Beginn der letzten Saison an Bürki verloren hatte, nach dem Spiel bei Sky. Trainer Thomas Tuchel ließ ihn aber ins Leere laufen „Wenn Roman Bürki wieder fit ist, wird er auch im Tor stehen.“Punkt.
Für die Bundesligaprofis aus Oberschwaben lief der 17. Spieltag eher gemischt. Bayern-Leihgabe Holger Badstuber muss mindestens bis zum 18. Spieltag auf sein Debüt für Schalke 04 warten, beim 1:0 über Ingolstadt stand der Verteidiger aus Rot an der Rot zwar im Kader, kam aber nicht zum Einsatz. Auch Simon Zoller, gebürtig aus Friedrichshafen, durfte dem 1. FC Köln nicht dabei helfen, das 0:0 gegen Mainz vielleicht in einen Kölner Sieg umzuwandeln. Der Unlinger Mario Gomez stand dagegen nicht nur auf dem Platz, sondern schoss den VfL Wolfsburg gegen den HSV beim 1:0 sogar zum Sieg. Und der Ravensburger Ömer Toprak brachte Leverkusen beim 3:1 gegen Hertha BSC mit seinem Treffer zum 1:0 auf die Siegstraße.