Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Beispiel für gute Zusammenarbeit
Das britische Doric String Quartet gastierte im Schwörsaal
RAVENSBURG - Gerade derzeit ist ein Beispiel für gute internationale Zusammenarbeit gefragt - und so konnte das Konzert des Doric String Quartet im Schwörsaal neben dem Musikgenuss auch für eine trotz aller politischen Entwicklungen lebendige „Entente cordiale“stehen. Oder erinnert sich niemand mehr an diesen historischen Begriff des Bündnisses zwischen Großbritannien und Frankreich?
Nicht ein besonders einschmeichelndes Programm hatten die beiden Violinisten Alex Redington und Jonathan Stone, die Bratschistin Hélène Clément und der Cellist John Myerscough, die 1998 ihr vielfach prämiertes Quartett in London gegründet haben und zum ersten Mal in Ravensburg auftraten, mitgebracht. Sondern ausgereifte Kammermusik, die das zu leisten vermag, was Musik neben dem Wohlgefallen bewirken soll: eine Reflexion in Gang zu bringen und so den Hörer auf eine andere Bewusstseinsebene zu versetzen.
Es begann mit Béla Bartóks „Streichquartett Nr. 2 a-moll“, vor etwas über 100 Jahren mitten im Ersten Weltkrieg geschrieben. Drei Sätze zwei langsame umrahmen ein Allegro – voller Disharmonien, die das Ohr auf die darunterliegenden Harmonien hinweisen, spinnwebenfeinen, oft nur gehauchten Streichertönen, versonnen, aber auch fremdartig durchwoben, von rasender Unruhe im zweiten, von rauer Folklore, drängend und fordernd, im dritten Satz. Mucksmäuschenstill war der Saal während dieses großartig gespielten Stücks.
Eine herzliche Begrüßung des Cellisten in tadellosem Deutsch leitete über zum „König der Kammermusik“und Joseph Haydns „Streichquartett D-Dur“von 1790, das seinerzeit wie die andere Kammermusik Haydns beim Londoner Publikum große Erfolge feierte. Vorbildlich präzis und doch überaus beseelt in den einzelnen Stimmen wirkten die vier Sätze. Der zweite in seiner Wehmut fast romantisch, tänzerisch beschwingt das Menuetto und leichthändig und geschmeidig das Vivace zum Schluss. Trotz aller Kleinteiligkeit der musikalischen Form blieb diese Interpretation immer klar strukturiert.
Das letzte Stück, Felix Mendelssohn Bartholdy „Streichquartett fmoll“op. 17, entstand 1847 als Nekrolog auf den Tod seiner geliebten Schwester Fanny und wenige Monate vor seinem eigenen Tod. Aber auch ohne dieses Wissen konnte man das Schmerzliche in den musikalischen Eruptionen des zweiten Satzes, die zarten, fast erlöschenden Töne im Adagio und die wahnwitzigen Steigerungen in der wie kreiselnden Musik im Finale, als herzergreifend erleben.
Nicht zu viel, nicht zu wenig Das kann nur geschehen, wenn alles stimmt, nichts zu viel ist, nichts zu wenig, wenn eben Perfektion und geistige Durchdringung einander ebenbürtig sind. Das Publikum jubelte, und so durften die Zuhörer in der Zugabe zur allseitigen Freude noch einmal Haydn erleben, den zweiten Satz aus dem B-Dur-Quartett, op. 64, Nr. 3.