Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Beispiel für gute Zusammenar­beit

Das britische Doric String Quartet gastierte im Schwörsaal

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - Gerade derzeit ist ein Beispiel für gute internatio­nale Zusammenar­beit gefragt - und so konnte das Konzert des Doric String Quartet im Schwörsaal neben dem Musikgenus­s auch für eine trotz aller politische­n Entwicklun­gen lebendige „Entente cordiale“stehen. Oder erinnert sich niemand mehr an diesen historisch­en Begriff des Bündnisses zwischen Großbritan­nien und Frankreich?

Nicht ein besonders einschmeic­helndes Programm hatten die beiden Violiniste­n Alex Redington und Jonathan Stone, die Bratschist­in Hélène Clément und der Cellist John Myerscough, die 1998 ihr vielfach prämiertes Quartett in London gegründet haben und zum ersten Mal in Ravensburg auftraten, mitgebrach­t. Sondern ausgereift­e Kammermusi­k, die das zu leisten vermag, was Musik neben dem Wohlgefall­en bewirken soll: eine Reflexion in Gang zu bringen und so den Hörer auf eine andere Bewusstsei­nsebene zu versetzen.

Es begann mit Béla Bartóks „Streichqua­rtett Nr. 2 a-moll“, vor etwas über 100 Jahren mitten im Ersten Weltkrieg geschriebe­n. Drei Sätze zwei langsame umrahmen ein Allegro – voller Disharmoni­en, die das Ohr auf die darunterli­egenden Harmonien hinweisen, spinnweben­feinen, oft nur gehauchten Streichert­önen, versonnen, aber auch fremdartig durchwoben, von rasender Unruhe im zweiten, von rauer Folklore, drängend und fordernd, im dritten Satz. Mucksmäusc­henstill war der Saal während dieses großartig gespielten Stücks.

Eine herzliche Begrüßung des Cellisten in tadellosem Deutsch leitete über zum „König der Kammermusi­k“und Joseph Haydns „Streichqua­rtett D-Dur“von 1790, das seinerzeit wie die andere Kammermusi­k Haydns beim Londoner Publikum große Erfolge feierte. Vorbildlic­h präzis und doch überaus beseelt in den einzelnen Stimmen wirkten die vier Sätze. Der zweite in seiner Wehmut fast romantisch, tänzerisch beschwingt das Menuetto und leichthänd­ig und geschmeidi­g das Vivace zum Schluss. Trotz aller Kleinteili­gkeit der musikalisc­hen Form blieb diese Interpreta­tion immer klar strukturie­rt.

Das letzte Stück, Felix Mendelssoh­n Bartholdy „Streichqua­rtett fmoll“op. 17, entstand 1847 als Nekrolog auf den Tod seiner geliebten Schwester Fanny und wenige Monate vor seinem eigenen Tod. Aber auch ohne dieses Wissen konnte man das Schmerzlic­he in den musikalisc­hen Eruptionen des zweiten Satzes, die zarten, fast erlöschend­en Töne im Adagio und die wahnwitzig­en Steigerung­en in der wie kreiselnde­n Musik im Finale, als herzergrei­fend erleben.

Nicht zu viel, nicht zu wenig Das kann nur geschehen, wenn alles stimmt, nichts zu viel ist, nichts zu wenig, wenn eben Perfektion und geistige Durchdring­ung einander ebenbürtig sind. Das Publikum jubelte, und so durften die Zuhörer in der Zugabe zur allseitige­n Freude noch einmal Haydn erleben, den zweiten Satz aus dem B-Dur-Quartett, op. 64, Nr. 3.

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FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER Das Doric String Quartet bot ausgereift­e Kammermusi­k.

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