Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Loipen könnten weiterhin genutzt werden
Windpark auf der Atzenberger Höhe bedeutet keine Einschränkung
EBERSBACH-MUSBACH - Kann die Atzenberger Höhe künftig noch als Naherholungsgebiet genutzt werden, falls die EnBW dort zwei Windräder baut? Diese Frage treibt nicht nur die Mitglieder des Loipenvereins und des Vereins „Gegenwind Atzenberger Höhe“seit Wochen um, sondern auch viele Bürger. Eine erste Antwort gibt das Eiswurfgutachten, das jetzt fertig ist und von der EnBW noch diese Woche veröffentlicht wird. Der SZ liegt das Gutachten bereits vor. Projektleiter Andreas Heizmann fasst im Interview die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
9,5 Kilometer südöstlich von Bad Saulgau und 2,5 Kilometer nördlich von Aulendorf, zwischen den Ortschaften Bad Schussenried im Osten und Ebersbach-Musbach im Westen, liegt der geplante Windpark. Innerhalb des festgelegten Gebiets verlaufen Nebenstraßen und diverse Waldwege, die im Winter als Langlaufloipen genutzt werden. Unklar war bisher, ob aufgrund der Gefahr von herabfallendem Eis manche der Loipen künftig nicht mehr genutzt werden können.
Obwohl das Gutachten nun vorliegt, gibt es auf diese Frage weiterhin keine einfache Antwort. „Aus unserer Sicht können alle Loipen weiter genutzt werden – und ich persönlich würde sie auch befahren“, sagt Projektleiter Andreas Heizmann. Die Wahrscheinlichkeit, beim Langlaufen auf der Atzenberger Höhe durch von den Windrädern herabfallenden Eisbrocken verletzt zu werden, sei sehr gering. Konkret liegt sie laut den Berechnungen des Eiswurfgutachtens bei eins zu einer Million. „Das bedeutet allerdings nicht, dass es theoretisch nicht vorkommen kann“, so EnBW-Sprecher Ulrich Stark.
Warnschilder werden aufgestellt Und das ist der Knackpunkt. Völlig ausgeschlossen werden kann die Gefahr nicht. Wer die Loipen nutzt, die in der Nähe der beiden geplanten Windräder verlaufen, tut dies auf eigenes Risiko. Um sich rechtlich abzusichern, wird die EnBW daher im Falle der Bewilligung des Windparks Warnschilder aufstellen, in einem Abstand von 130 Metern. Darauf wird jedoch nicht nur ein Warnhinweis stehen, sondern auch eine Erklärung der Gesamtsituation. „Wir wollen nicht, dass die Menschen aus Angst wegbleiben, sondern wir wollen sie informieren“, so Stark.
Was hingegen nun klar ist: Vereist ein Rotor, stellt er sich sofort selbst ab. Die beiden Windräder sind mit einer speziellen Technik ausgestattet. „Vereinfacht erklärt werden die Schwingungen des Rotorblatts gemessen; wenn dieses vereist, wird es steifer und schwingt anders“, erklärt der Experte. Sobald das geschieht, schaltet sich das Windrad ab. Das wiederum bedeutet, dass Eis, wenn überhaupt, nicht bei voller Geschwindigkeit auf den Boden fällt, sondern während des Prozesses des Herunterfahrens. „Das Eis wird daher nicht in die Ferne geschleudert, sondern landet in den meisten Fällen direkt unter dem Windrad“, ergänzt Stark. Wie weit entfernt das Eis im Durchschnitt in einem solchen Fall fällt, lässt sich schwer messen. Weit kann es laut Gutachten jedoch nicht sein. Die in der bisherigen Diskussion genannten 600 Meter seien definitiv falsch, sagt Heizmann.
Warum entgegen einer ersten Schätzung nun doch alle Loipen bestehen bleiben – das zu erklären ist deutlich schwieriger. Nordöstlich des ersten Windrads verläuft die Genussloipe. Die im Gutachten enthaltenen Karten zeigen: Die Loipe liegt außerhalb des rot gekennzeichneten Gefahrenbereichs. „Der maximale Abstand der Fläche, in der es zu einer Überschreitung des Grenzwertes für das Individualrisiko kommt, ist von 99,5 auf 49 Meter gesunken“, heißt es im Gutachten sperrig. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das: Die Gutachter haben sich bei ihren Berechnungen daran orientiert, wie viele Menschen im Durchschnitt im Winter die Loipe nutzen.