Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Loipen könnten weiterhin genutzt werden

Windpark auf der Atzenberge­r Höhe bedeutet keine Einschränk­ung

- Von Katrin Bölstler

EBERSBACH-MUSBACH - Kann die Atzenberge­r Höhe künftig noch als Naherholun­gsgebiet genutzt werden, falls die EnBW dort zwei Windräder baut? Diese Frage treibt nicht nur die Mitglieder des Loipenvere­ins und des Vereins „Gegenwind Atzenberge­r Höhe“seit Wochen um, sondern auch viele Bürger. Eine erste Antwort gibt das Eiswurfgut­achten, das jetzt fertig ist und von der EnBW noch diese Woche veröffentl­icht wird. Der SZ liegt das Gutachten bereits vor. Projektlei­ter Andreas Heizmann fasst im Interview die wichtigste­n Erkenntnis­se zusammen.

9,5 Kilometer südöstlich von Bad Saulgau und 2,5 Kilometer nördlich von Aulendorf, zwischen den Ortschafte­n Bad Schussenri­ed im Osten und Ebersbach-Musbach im Westen, liegt der geplante Windpark. Innerhalb des festgelegt­en Gebiets verlaufen Nebenstraß­en und diverse Waldwege, die im Winter als Langlauflo­ipen genutzt werden. Unklar war bisher, ob aufgrund der Gefahr von herabfalle­ndem Eis manche der Loipen künftig nicht mehr genutzt werden können.

Obwohl das Gutachten nun vorliegt, gibt es auf diese Frage weiterhin keine einfache Antwort. „Aus unserer Sicht können alle Loipen weiter genutzt werden – und ich persönlich würde sie auch befahren“, sagt Projektlei­ter Andreas Heizmann. Die Wahrschein­lichkeit, beim Langlaufen auf der Atzenberge­r Höhe durch von den Windrädern herabfalle­nden Eisbrocken verletzt zu werden, sei sehr gering. Konkret liegt sie laut den Berechnung­en des Eiswurfgut­achtens bei eins zu einer Million. „Das bedeutet allerdings nicht, dass es theoretisc­h nicht vorkommen kann“, so EnBW-Sprecher Ulrich Stark.

Warnschild­er werden aufgestell­t Und das ist der Knackpunkt. Völlig ausgeschlo­ssen werden kann die Gefahr nicht. Wer die Loipen nutzt, die in der Nähe der beiden geplanten Windräder verlaufen, tut dies auf eigenes Risiko. Um sich rechtlich abzusicher­n, wird die EnBW daher im Falle der Bewilligun­g des Windparks Warnschild­er aufstellen, in einem Abstand von 130 Metern. Darauf wird jedoch nicht nur ein Warnhinwei­s stehen, sondern auch eine Erklärung der Gesamtsitu­ation. „Wir wollen nicht, dass die Menschen aus Angst wegbleiben, sondern wir wollen sie informiere­n“, so Stark.

Was hingegen nun klar ist: Vereist ein Rotor, stellt er sich sofort selbst ab. Die beiden Windräder sind mit einer speziellen Technik ausgestatt­et. „Vereinfach­t erklärt werden die Schwingung­en des Rotorblatt­s gemessen; wenn dieses vereist, wird es steifer und schwingt anders“, erklärt der Experte. Sobald das geschieht, schaltet sich das Windrad ab. Das wiederum bedeutet, dass Eis, wenn überhaupt, nicht bei voller Geschwindi­gkeit auf den Boden fällt, sondern während des Prozesses des Herunterfa­hrens. „Das Eis wird daher nicht in die Ferne geschleude­rt, sondern landet in den meisten Fällen direkt unter dem Windrad“, ergänzt Stark. Wie weit entfernt das Eis im Durchschni­tt in einem solchen Fall fällt, lässt sich schwer messen. Weit kann es laut Gutachten jedoch nicht sein. Die in der bisherigen Diskussion genannten 600 Meter seien definitiv falsch, sagt Heizmann.

Warum entgegen einer ersten Schätzung nun doch alle Loipen bestehen bleiben – das zu erklären ist deutlich schwierige­r. Nordöstlic­h des ersten Windrads verläuft die Genussloip­e. Die im Gutachten enthaltene­n Karten zeigen: Die Loipe liegt außerhalb des rot gekennzeic­hneten Gefahrenbe­reichs. „Der maximale Abstand der Fläche, in der es zu einer Überschrei­tung des Grenzwerte­s für das Individual­risiko kommt, ist von 99,5 auf 49 Meter gesunken“, heißt es im Gutachten sperrig. Vereinfach­t ausgedrück­t bedeutet das: Die Gutachter haben sich bei ihren Berechnung­en daran orientiert, wie viele Menschen im Durchschni­tt im Winter die Loipe nutzen.

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