Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gedenken an die NS-Opfer

Bundestags­präsident Lammert (CDU) mahnt, den Holocaust nie zu vergessen

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BERLIN/KRAKAU (dpa) - In einer bewegenden Gedenkstun­de hat der Bundestag an die Millionen Opfer der Nazis erinnert und erstmals das grausame „Euthanasie“-Programm in den Mittelpunk­t gestellt. „Wir gedenken in diesem Jahr besonders der Kranken, Hilflosen und aus Sicht der NS-Machthaber ,Lebensunwe­rten’, die im sogenannte­n ,Euthanasie’-Programm ermordet wurden: 300 000 Menschen, die meisten zuvor zwangsster­ilisiert und auf andere Weise gequält“, sagte Bundestags­präsident Norbert Lammert (CDU) am Freitag in Berlin.

Zwischen „Euthanasie“und Völkermord an den Juden habe „ein enger Zusammenha­ng“bestanden. „Als „Probelauf zum Holocaust“gilt das Töten durch Gas, das zuerst bei den „Euthanasie“-Opfern praktizier­t und damit zum Muster für den späteren Massenmord in den NS-Vernichtun­gslagern wurde.“

Erinnerung als Pflicht Der Parlaments­präsident betonte die Verantwort­ung Deutschlan­ds, diese Verbrechen nie zu vergessen, und verwies auf den Artikel 1 des Grundgeset­zes: „Die Würde des Menschen ist unantastba­r. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflicht­ung aller staatliche­n Gewalt.“Lammert fuhr fort: „Doch die Geschichte zeigt: Die Würde des Menschen ist antastbar. Nirgendwo wurde dieser Nachweis gründliche­r erbracht als in Deutschlan­d.“

Seit 1996 wird auf Anregung des damaligen Staatsober­haupts Roman Herzog am 27. Januar – dem Tag der Befreiung des Vernichtun­gslagers Auschwitz-Birkenau – in Deutschlan­d der NS-Opfer gedacht. 2005 riefen die Vereinten Nationen diesen Tag zum internatio­nalen HolocaustG­edenktag aus. Auf dem AuschwitzG­elände gedachten Holocaust-Überlebend­e der Millionen Opfer. „Das Leid, das euch dort widerfahre­n ist, ist für uns unvorstell­bar“, sagte Polens Regierungs­chefin Beata Szydlo zum 72. Jahrestag der Befreiung des Lagers. Die Geschehnis­se dürften nie vergessen werden, Erinnerung sei die Der Chef der Thüringer AfDLandtag­sfraktion, Björn Höcke, hat am Freitag Hausverbot für die KZ-Gedenkstät­te Buchenwald erhalten. Die Gedenkstät­tenleitung hatte dem Rechtspopu­listen bereits am Donnerstag mitgeteilt, dass er wegen seiner Forderung nach einer 180-GradWende in der Erinnerung­skultur beim Gedenken für die NS-Opfer unerwünsch­t sei. Höcke wurde von einem Mitarbeite­r bei der Zufahrt zur Gedenkvera­nstaltung gestoppt, er akzeptiert­e das Verbot. (dpa) Pflicht nachfolgen­der Generation­en. Auschwitz-Überlebend­e warnten vor den rechtspopu­listischen Bewegungen in vielen Ländern Europas.

Im Bundestag rief Lammert die sogenannte Wannsee-Konferenz in Erinnerung: „Es ist heute fast auf den Tag genau 75 Jahre her, dass 15 hochrangig­e Vertreter des Nazi-Regimes in einer Berliner Villa im Westen der Hauptstadt zusammenka­men, um mit unfassbare­r Menschenve­rachtung den millionenf­achen Mord an den europäisch­en Juden möglichst effizient zu organisier­en, der damals längst beschlosse­n war und auch seit Langem begonnen hatte.“

Lammert betonte, Deutschlan­d gedenke auch „der Sinti und Roma, der Millionen versklavte­r Slawen, der Zwangsarbe­iterinnen und Zwangsarbe­iter, der Homosexuel­len, der politische­n Gefangenen, der Christen, der Zeugen Jehovas, all derer, die wegen ihrer religiösen und politische­n Überzeugun­gen von der nationalso­zialistisc­hen Ideologie zu Feinden erklärt, verfolgt und vernichtet wurden“.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Die Beauftragt­e der Bundesregi­erung für die Belange von Menschen mit Behinderun­gen, Verena Bentele, legt an der Gedenkplat­te für die Opfer der NS-Euthanasie-Morde in Berlin einen Kranz nieder.
FOTO: IMAGO Die Beauftragt­e der Bundesregi­erung für die Belange von Menschen mit Behinderun­gen, Verena Bentele, legt an der Gedenkplat­te für die Opfer der NS-Euthanasie-Morde in Berlin einen Kranz nieder.

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