Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Donald Trump zündelt in Israel
Die USA haben Gespräche zur Verlegung ihrer Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem aufgenommen. US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen – ein rotes Tuch für die Palästinenser. Sie wollen den Ost-Teil der Stadt als Hauptstadt eines zukünftigen Palästinenserstaates.
So jubelten rechtsreligiöse Israelis nach der Ankündigung. Palästinenservertreter hingegen warnten vor Gewalt und erinnerten an den zweiten blutigen Palästinenseraufstand Intifada, der 2000 begann. Tausende Menschen starben damals. Israel heizte die Situation zusätzlich an und teilte nach Trumps Amtsantritt mit, weitere rund 3000 Wohnungen für jüdische Siedler im Westjordanland und im arabisch geprägten Ost-Jerusalem zu bauen. Die rechtsreligiöse Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erhofft sich Unterstützung für ihre Pläne von der neuen US-Regierung. Anders als unter Trumps Vorgänger Obama üblich blieb Kritik aus Washington aus. Deutschland aber verurteilte die Ankündigung und stellte das Bekenntnis Israels zu einer Zwei-Staaten-Lösung des Nahost-Konfliktes infrage. Dabei soll ein unabhängiger Palästinenserstaat neben Israel entstehen.
Vor einem Monat hatte der UN-Sicherheitsrat einen sofortigen Stopp des Siedlungsausbaus gefordert. Knapp 600 000 Israelis wohnen in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem. Mit den Botschaftsplänen rührt Trump wiederum an den sensibelsten Punkt im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. „Jerusalem bedeutet für die Palästinenser ihre nationale, politische und religiöse Hauptstadt“, sagt Mahdi Abdul Hadi von der palästinensischen Nichtregierungsorganisation Passia. „Jerusalem ist ihre Identität, (…) die kann man ihnen nicht wegnehmen.“
Für Juden und Muslime bedeutend Das würden wohl die meisten jüdischen Israelis sagen. Der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt mit Klagemauer, dem Felsendom und der alAksa-Moschee ist Juden wie Muslimen heilig. International wird Jerusalem nicht als Hauptstadt anerkannt, weil der endgültige Status der Stadt erst in Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern geklärt werden muss. Israel hatte den Ostteil Jerusalems im Sechstagekrieg 1967 erobert und später annektiert. „Die US-Botschaft zu verlegen, wäre so symbolträchtig, es würde nicht nur die (israelische) Besatzung legitimieren“, sagt Abdul Hadi. „Es zeigt uns, wir stehen wieder ganz am Anfang.“Nach einer Umfrage des Palästinensischen Zentrums für Politik- und Meinungsforschung sehen 37 Prozent der Palästinenser bewaffneten Widerstand gegen Israel als die erfolgversprechendste Form des Widerstandes. Doch die Wahrscheinlichkeit einer gewaltsamen Eskalation im Westjordanland halten viele Experten trotzdem für gering.
„Ich erwarte kein Erdbeben“, sagt Abdul Sattar Kassem, Politologe an der al-Nadschach Universität in Nablus. Für größere Aktionen fehlen Organisation und Planung. „Die politischen Fraktionen sind nicht mehr dazu in der Lage, die Massen zu mobilisieren.“Abgesehen davon haben führende Palästinenser dem gewaltsamen Widerstand abgeschworen.