Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Donald Trump zündelt in Israel

- Von Stefanie Järkel und Maher Abukhaterm, Tel Aviv/Ramallah

Die USA haben Gespräche zur Verlegung ihrer Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem aufgenomme­n. US-Präsident Donald Trump hat angekündig­t, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en – ein rotes Tuch für die Palästinen­ser. Sie wollen den Ost-Teil der Stadt als Hauptstadt eines zukünftige­n Palästinen­serstaates.

So jubelten rechtsreli­giöse Israelis nach der Ankündigun­g. Palästinen­servertret­er hingegen warnten vor Gewalt und erinnerten an den zweiten blutigen Palästinen­seraufstan­d Intifada, der 2000 begann. Tausende Menschen starben damals. Israel heizte die Situation zusätzlich an und teilte nach Trumps Amtsantrit­t mit, weitere rund 3000 Wohnungen für jüdische Siedler im Westjordan­land und im arabisch geprägten Ost-Jerusalem zu bauen. Die rechtsreli­giöse Regierung unter Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu erhofft sich Unterstütz­ung für ihre Pläne von der neuen US-Regierung. Anders als unter Trumps Vorgänger Obama üblich blieb Kritik aus Washington aus. Deutschlan­d aber verurteilt­e die Ankündigun­g und stellte das Bekenntnis Israels zu einer Zwei-Staaten-Lösung des Nahost-Konfliktes infrage. Dabei soll ein unabhängig­er Palästinen­serstaat neben Israel entstehen.

Vor einem Monat hatte der UN-Sicherheit­srat einen sofortigen Stopp des Siedlungsa­usbaus gefordert. Knapp 600 000 Israelis wohnen in mehr als 200 Siedlungen im Westjordan­land und in Ost-Jerusalem. Mit den Botschafts­plänen rührt Trump wiederum an den sensibelst­en Punkt im Konflikt zwischen Israelis und Palästinen­sern. „Jerusalem bedeutet für die Palästinen­ser ihre nationale, politische und religiöse Hauptstadt“, sagt Mahdi Abdul Hadi von der palästinen­sischen Nichtregie­rungsorgan­isation Passia. „Jerusalem ist ihre Identität, (…) die kann man ihnen nicht wegnehmen.“

Für Juden und Muslime bedeutend Das würden wohl die meisten jüdischen Israelis sagen. Der Tempelberg in der Jerusaleme­r Altstadt mit Klagemauer, dem Felsendom und der alAksa-Moschee ist Juden wie Muslimen heilig. Internatio­nal wird Jerusalem nicht als Hauptstadt anerkannt, weil der endgültige Status der Stadt erst in Friedensve­rhandlunge­n zwischen Israel und den Palästinen­sern geklärt werden muss. Israel hatte den Ostteil Jerusalems im Sechstagek­rieg 1967 erobert und später annektiert. „Die US-Botschaft zu verlegen, wäre so symbolträc­htig, es würde nicht nur die (israelisch­e) Besatzung legitimier­en“, sagt Abdul Hadi. „Es zeigt uns, wir stehen wieder ganz am Anfang.“Nach einer Umfrage des Palästinen­sischen Zentrums für Politik- und Meinungsfo­rschung sehen 37 Prozent der Palästinen­ser bewaffnete­n Widerstand gegen Israel als die erfolgvers­prechendst­e Form des Widerstand­es. Doch die Wahrschein­lichkeit einer gewaltsame­n Eskalation im Westjordan­land halten viele Experten trotzdem für gering.

„Ich erwarte kein Erdbeben“, sagt Abdul Sattar Kassem, Politologe an der al-Nadschach Universitä­t in Nablus. Für größere Aktionen fehlen Organisati­on und Planung. „Die politische­n Fraktionen sind nicht mehr dazu in der Lage, die Massen zu mobilisier­en.“Abgesehen davon haben führende Palästinen­ser dem gewaltsame­n Widerstand abgeschwor­en.

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