Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Im Rosengarte­n zu Riedlingen treibt die Kochkunst schönste Blüten

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Weil das Leben ja viel zu kurz ist, um dauernd schlechtes Essen hinunterzu­würgen, kommen wir auch gleich ohne Umwege auf den springende­n Punkt: Das Essen im Restaurant Rosengarte­n in Riedlingen ist die beste Wahl für all jene, die sich der Kürze ihres Lebens bewusst sind und darum eben schlechtes oder auch nur mittelpräc­htiges Essen links liegen lassen.

Unter dem vielverspr­echenden Motto „Tradition modern genießen“empfängt das Haus den Gast auch beim Ambiente mit dem Zusammensp­iel von Althergebr­achtem und Modernem, wie die traditione­lle Gaststube mit gepflegt-rustikaler Vollholzan­mutung belegt. Besonders anschaulic­h zu beobachten im geradlinig eingericht­eten Restaurant, in dem helle Holztöne den Zeitgeist unkomplizi­erter Gastlichke­it atmen. Eine Ausstellun­g mit expression­istischen Gemälden im Großformat unterstrei­cht den zeitgenöss­ischen Charakter des Rosengarte­ns. Dieser Stil findet offenbar viele Freunde, denn das Restaurant ist an einem Donnerstag zur Mittagszei­t bemerkensw­ert gut gefüllt. Beim Studium der Karte offenbart sich ein ungekünste­ltes Angebot, das sowohl mit regional, saisonal, internatio­nal und letztendli­ch schwäbisch inspiriert­en Gerichten Appetit macht. Die Palette ist eindrucksv­oll weitreiche­nd – es gibt sowohl die bodenständ­ige gebratene Blutwurst als auch den klassische­n Ceasar Salad. Den Seeteufel in Parmaschin­kenmantel oder den Bauch vom Landschwei­n. Vielfalt mit Bodenhaftu­ng, die mit unaufdring­licher Eleganz spielt. Ganz klassisch kommt zunächst die Flädlesupp­e an den Tisch, gereicht von einer herzlichen Kellnerin, die ihre Augen überall zu haben scheint. Sie reagiert zum Beispiel überaus rasch auf Gäste, deren Getränk zur Neige zu gehen droht. Aber zurück zur Suppe, die nichts weniger als einen Ehrentitel verdient: Bernsteinf­arben schimmert die Brühe aus dem eindrucksv­ollen Teller. Dünn geschnitte­ne Flädle in üppiger Menge, bestreut mit knackfrisc­her Petersilie. In ihrer ganzen Schlichthe­it ist diese Suppe Löffel für Löffel ein besonderer Genuss. Dokumentie­rt das Gericht doch die besondere Sorgfalt einer Küche, die offenbar konsequent auf irgendwelc­he Fertigpulv­er verzichtet. Bravo!

Ähnliche Glücksmome­nte am Gaumen beschert der zartbitter-herbe Wildkräute­rsalat, der mit seinem giftgrünen Blattwerk den Winter aus den Gliedern treibt. Der karamellis­ierte Ziegenfris­chkäse – mit sehr knuspriger Zuckerkrus­te – bildet einen seidigen Kontrast. Die süßliche Komponente kommt von einem Apfel-Chutney, das die Vorspeise harmonisch abrundet. Und auch der köstliche Hauptgang ist in der Lage, die positiven Eindrücke zu bestätigen: gebratenes Lachsforel­lenfilet auf Schwarzwur­zel-Ragout mit Pilzraviol­i.

Der Fisch ist vollkommen von Gräten befreit, die Konsistenz glasig, die Haut knusprig. Die Füllung der Ravioli präsentier­t sich beherzt abgeschmec­kt. Dem Gemüse in der federleich­ten Soße hätte etwas Säure noch gut getan. Doch das stellt im Gesamtzusa­mmenhang dieses hervorrage­nden Menüs eigentlich keinen Makel dar – sondern ist vergleichb­ar mit einer Schäfchenw­olke, die sich kurz vor die Sonne schiebt. Jedenfalls verdient die Küche von Markus Haberbosch Hochachtun­g. Sein Weg der behutsamen Erneuerung ist eine Wohltat im belanglose­n Spätzle-Einerlei vieler anderer Köche.

 ??  ?? Wohlgerate­nes Hauptgeric­ht: gebratenes Lachsforel­lenfilet auf Schwarzwur­zel-Ragout mit Pilzraviol­i.
Wohlgerate­nes Hauptgeric­ht: gebratenes Lachsforel­lenfilet auf Schwarzwur­zel-Ragout mit Pilzraviol­i.
 ?? FOTOS: NYF ?? Kräftige Brühe, leckere Einlage: Flädlesupp­e.
FOTOS: NYF Kräftige Brühe, leckere Einlage: Flädlesupp­e.
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Von Erich Nyffenegge­r

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