Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kreator holen zum großen Schlag aus
Die Thrash-Metal-Band aus Essen will mit ihrem 14. Studioalbum „Gods of Violence“ihre Ausnahmestellung in Europa bestätigen
Als rumpelige Teenagerband aus dem Ruhrpott an die Spitze der globalen Metalszene: Der Essener ThrashInstitution Kreator ist der Gedanke allerdings fremd, sich deswegen zufrieden zurückzulehnen. „Es ist wichtig, dass man selbstkritisch bleibt und sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruht, wie man so schön sagt“, erklärt Sänger, Gitarrist und Bandgründer Mille Petrozza.
Kreators deutschen Landsleuten Accept gelang 2014 mit dem Album „Blind Rage“der Sprung auf Platz eins – für eine Heavy-Metal-Band sehr außergewöhnlich. „Das schaffen wir auch“, meinte Mille scherzhaft. Den Chartplatz fünf des 2014erWerkes „Phantom Antichrist“möchte die Band jedoch toppen. Das neue Album „Gods of Violence“hat hierfür durchaus das Zeug. Es steht für alles, was das Quartett spätestens seit 2001 mit „Violent Revolution“auszeichnet: Power, Aggression, Wut und ausgeprägte Spielfreude.
„Wir haben uns seit ,Violent Revolution’ als Band hervorragend weiterentwickelt. Seitdem Sami (Yli-Sirniö, finnischer Gitarrist) dabei ist, erleben wir unseren zweiten Frühling“, sagt Mille. Die Band hatte zuvor mit einer experimentellen Phase, in der sie vor genrefremden Einflüssen wie Gothic und New Wave nicht zurückschreckte, etwas den Kompass verloren.
Die Rückbesinnung auf ihre Anfangstage, als Kreator zum Aushängeschild deutscher Thrash-MetalKultur avancierten, tat der Gruppe ausgesprochen gut. Plötzlich wurde sie vom Feuilleton hofiert. Und selbst eine Popdiskurs-Zeitschrift wie das „Spex“war sich nicht mehr zu fein, Kreator-Platten zu besprechen.
Subtile Überzeugungsarbeit
Das ungewohnte Interesse liegt auch an der Persönlichkeit Milles, der die Band all die Jahre zusammengehalten hat. Der italienischstämmige, charismatische Sänger zeigte sich stets offen für andere Einflüsse und hielt auch mit seiner politischen Gesinnung nicht hinter dem Berg.
Auf der neuen Platte spricht sich der 49-Jährige in dem Song „Side by Side“gegen Homophobie aus. Als Prediger möchte er aber nicht auftreten. „Überzeugungsarbeit sollte man subtil machen und nicht mit der Holzhammermethode. Man sollte die Leute zum Nachdenken anregen und ihnen nicht sagen, was sie zu denken haben“, betont er.
Ihre guten Kontakte zu Musikern anderer Spielarten beweist die Band auf „Gods of Violence“mit Gastbeiträgen wie von Boris Pfeiffer (In Extremo), der Dudelsack in „Hail to The Hordes“spielt. Außerdem hat der Schweizer Sänger Dagobert ein Gedicht beigesteuert, das im Mittelteil von „Fallen Brother“gesprochen wird. „Ich habe Dagobert gefragt, und er hat innerhalb von zwei Stunden dieses schöne Schauergedicht geschrieben. Das wertet den Song total auf“, findet Mille, der seit einem Konzertbesuch mit Dagobert befreundet ist.