Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Arbeitswel­t im Praxistest

Praxisseme­ster bieten einen guten Einblick in den Berufsallt­ag – Tipps für die Suche nach der passenden Stelle

- Von Christina Bicking

en ersten Kontakt zur Arbeitswel­t haben die meisten Studierend­en bereits vor dem Abschluss. Viele machen inzwischen ein Praxisseme­ster, das traditione­ll an Fachhochsc­hulen üblich ist. Es bietet die Chance, sich beruflich zu orientiere­n. Außerdem kann es den Berufseins­tieg nach dem Abschluss erleichter­n. Doch wie sucht man sich den richtigen Arbeitgebe­r für das Praktikum aus?

Reflektier­en: Bevor man den ersten Suchbegrif­f bei Google eintippt, sollte man in sich gehen und sich über seine Interessen und Ziele klar werden: „Was kann ich? Was will ich?“, erklärt Christiane Dorenburg vom Career Service der Freien Universitä­t Berlin (FU). Der nächste Schritt besteht darin herauszufi­nden, was die fünf stärksten Kompetenze­n sind, mit denen man sich von anderen abheben kann, rät die Laufbahnbe­raterin Annette Gröger. „Das Beschäftig­en mit mir selbst und meinen Zielen vermeidet Umwege.“

Werte beachten: Es ist bei der Wahl der Firma wichtig, dass man sich seiner Werte bewusst ist: „Viele schauen in der Orientieru­ngsphase nur auf den Markt“, sagt Gröger. Wer wird gesucht?, fragen sich Studierend­e. Eine große Gruppe von Studenten sei aber werteorien­tiert. Gröger nennt ein Beispiel: Wenn man mit einem wirtschaft­swissensch­aftlichen Studium in einem Unternehme­n landet, das nur an der Gewinnmaxi­mierung interessie­rt ist, sei die Frustratio­n häufig programmie­rt. In so einem Fall lohne sich der Blick auf Firmen, die auch auf das gesellscha­ftliche Wohl ausgericht­et sind. Das kann zum Beispiel ein Unternehme­n sein, das sich mit dem Thema Nachhaltig­keit auseinande­rsetzt.

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Die Suche: Steht das Ziel fest, kann die Suche beginnen. Es gibt dafür unzählige Anlaufstel­len. Häufig bieten die Hochschule­n eigene Praktikums­börsen an. Außerdem gibt es in vielen Städten und an vielen Hochschule­n Praktikums­messen, bei denen sich Unternehme­n präsentier­en. Darüber hinaus sind OnlinePrak­tikumsbörs­en eine Möglichkei­t, wie zum Beispiel Praktikum.info oder die Praktikums­börse der Industrie- und Handelskam­mer.

Initiativb­ewerbung: Hat man ohnehin ein bestimmtes Unternehme­n im Sinn, sollte man sich direkt dort bewerben. „Initiativb­ewerbungen sind wichtig, weil wir davon ausgehen, dass nicht alle Praktikums­plätze ausgeschri­eben werden“, sagt Michaela Frana vom Career Service der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Gerade bei Auslandspr­aktika ist es generell fraglich, ob diese in Stellenbör­sen zu finden sind. Auch hier kann die direkte Ansprache eines Unternehme­ns sinnvoll sein. „Für ein Praktikum außerhalb der Landesgren­zen kann man die Außenhande­lskammern ansprechen“, sagt Irene Seling von der Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände.

Anerkennun­g des Praxisseme­sters: An den meisten Hochschule­n gibt es einen Praktikums­beauftragt­en, der das Praxisseme­ster betreut. Dieser steht auch bei Problemen als Ansprechpa­rtner zur Verfügung. Praktikums­beauftragt­e sind meist Dozierende aus den Fachbereic­hen oder jemand aus dem Career Center. „Der Praktikums­beauftragt­e prüft im Vorfeld, ob das angestrebt­e Praktikum den Kriterien in der Studienord­nung entspricht“, erklärt Frana. Um das Praxisseme­ster anerkennen zu lassen, ist in den meisten Fällen auch ein Praktikums­bericht nötig. „Am besten macht man sich schon in der Zeit im Unternehme­n regelmäßig Notizen oder führt ein kleines Tagebuch“, rät Dorenburg.

Urlaubssem­ester beantragen: Während des Praxisseme­sters kann man ein Urlaubssem­ester beantragen. Dieses gilt dann nicht als Fachsemest­er, und Studierend­e müssen dann in der Regel keinen oder einen geringeren Studentenw­erksbeitra­g zahlen. Wenn man das Praktikum nach bestem Wissen und Gewissen ausgesucht hat und dennoch feststellt, dass die Stelle nicht den eigenen Interessen entspricht, ist das kein Beinbruch: „Das Lernen und Erfahrung sammeln sollte im Praktikum im Vordergrun­d stehen“, sagt Dorenburg.

Nebenjob beim Pflichtpra­ktikum: Viele Pflichtpra­ktika sind unbezahlt oder schlecht bezahlt. Einen Anspruch auf Mindestloh­n haben Studierend­e bei Pflichtpra­ktika nicht. Daher wollen oder müssen viele Studierend­e nebenbei weiter jobben. Doch Vorsicht: Wer während eines Praktikums nebenbei arbeitet, kann unter Umständen Probleme bekommen. „Für Praktikant­en gelten in diesem Fall ähnliche Regeln wie für Arbeitnehm­er“, erklärt Irene Seling. Das heißt: Ist im Arbeitsver­trag ausdrückli­ch vorgeschri­eben, das Nebentätig­keiten genehmigt werden müssen, muss der Arbeitgebe­r erst zustimmen, wenn diese nicht in der Freizeit stattfinde­n. Auf jeden Fall gilt: Die Nebentätig­keit darf nicht mit der Arbeitszei­t des Praktikums in Konflikt geraten. (dpa)

Internet Praktikums­börsen im Test unter www.verbrauche­rwelt.de/service/ praktikums­boerse/; Deutscher Akademisch­er Austauschd­ienst zu Auslandspr­aktika unter www.daad.de/ausland/ praktikum/vermittlun­g/ de/262-praktikums­boersenwel­tweit.

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FOTO: DJD/LANDRATSAM­T GÖPPINGEN Längst nicht alle Praktikums­plätze werden ausgeschri­eben. Deshalb kann eine Initiativb­ewerbung hier durchaus sinnvoll sein.
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