Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vom Rodelbob bis zum Pferdeschlitten
Studenten der Hochschule Ravensburg-Weingarten entwerfen individuelle Schlitten
WEINGARTEN (sz) - Schnee und Eis haben wochenlang den Alltag in Oberschwaben bestimmt. Auch an der Hochschule Ravensburg-Weingarten war der Winter Thema einer Lehrveranstaltung: 15 Studenten haben im Maschinenbau-Seminar „Produktgestaltung und Ästhetik“neun Schlitten entworfen, die sich gut für den nächsten Rodelausflug eignen würden – und sich dafür ganz gezielt mit der Designfrage auseinandergesetzt.
So unterschiedlich wie die Studenten sind auch ihre Entwürfe: Ein dreieckiger Schlitten aus Polyethylen und Aluminium, der den Namen „Podracer“trägt und an die schwebenden Gefährte aus dem Star-WarsUniversum erinnert. Ein flacher Bob aus Formholz, der wie eine aufgemotzte Version der klassischen Plastiktüte wirkt, die man am Rodelhang in Ermangelung eines Schlittens nutzt. Oder ein altes Snowboard, das mit einem aufgebauten Sitz und einer Fußablage eine neue Bestimmung erhält.
„Jeder von uns hat ein bestimmtes Bild im Kopf, wenn er an einen Schlitten denkt. Ziel des Seminars ist, dass die Studenten sich abseits von technischen Details und Berechnungen rein auf das Design konzentrieren und ein Gespür für ästhetische Gestaltung entwickeln“, sagt Melih Gürleyik. Der Dozent und Designer hat sein eigenes Atelier in Stuttgart. Schon seit 13 Jahren holt ihn Michael Niedermeier, Maschinenbau-Professor und Experte für Werkstoffe an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, regelmäßig für Workshops nach Weingarten.
„Die erste Idee hatte ich im Fitnessstudio“, sagt Daniel Vigorito. Sein Schlitten „Snow Spike“erinnert ein wenig an eine Hantelbank. Drei Kufen sollen einem das Gefühl geben, auf Carving-Skiern den Berg hinunterzufahren – nur im Liegen. „Im Seminar haben wir gelernt, mit offenen Augen durch die Welt zu laufen und uns Inspiration für das Design aus unserem Alltag zu holen“, erklärt der Fahrzeugtechnik-Student. „Das kommt im Maschinenbau, in dem es hauptsächlich um die Funktionsweise eines Produkts geht, manchmal zu kurz.“
Einen ganz anderen Gedanken hatten Kim Diemer und Hendrik Schlageter. Sie haben gemeinsam einen Pferdeschlitten gestaltet und sich dabei von Kutschen alter Königshäuser inspirieren lassen. „Viele Menschen finden den Winter nass, kalt und unbequem“, sagt Maschinenbaustudentin Kim Diemer. „Deshalb haben wir in unser Schlittenmodell eine Sitzheizung integriert, über kleine Lautsprecher kann man stimmungsvolle Musik hören, und die Lederpolster sind weich und bequem.“
Ausprobieren, tüfteln, mit Formen, Farben und Ideen spielen und sie wieder verwerfen – „ein kleines bisschen wie im Kinderzimmer“sei der Workshop abgelaufen. Mit Skizzen auf Papier haben die Studenten ihre Design-Studien begonnen. Verschiedene Modelle aus Pappe führten dann letztlich zum 3-D-Modell am Computer.
„Im Kurs hat sich eine ganz tolle Gruppendynamik entwickelt. Alle haben von allen profitiert, und es sind sehr unterschiedliche Entwürfe entstanden“, sagt Designer Gürleyik. Bisher existieren die Schlitten-Entwürfe nur auf Papier und als Computermodelle – auch wenn sich das Wetter momentan gut für eine Schlittenfahrt eignen würde.