Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Hausknecht Gottes
Fritz Gerlich war ein Gegner der Nazis, der nach Ansicht des emeritierten Historikers Rudolf Morsey „noch nicht den ihm angemessenen Platz gefunden“hat. Der Hauptschriftleiter der damals größten Zeitung in Bayern, der „Münchner Neuesten Nachrichten“, wurde 1928 Herausgeber der weitgehend unbekannten Wochenzeitung „Illustrierter Sonntag“, die ein Jahr später in „Der Gerade Weg – Deutsche Zeitung für Wahrheit und Recht“umbenannt wurde. Vorausgegangen war 1927 Gerlichs „Damaskus“: Der getaufte Calvinist reiste als Skeptiker nach Konnersreuth zu der katholischen Mystikerin Therese Neumann. Zurück kam er „tief erschüttert“und bekehrt. Von nun an war er ihr eifrigster Verehrer.
Im Kreis um Therese Neumann begegnete Gerlich Erich Fürst von Waldburg-Zeil. Dieser kaufte für eine Viertel Million Reichsmark den Münchner „Natur Verlag“und bot damit Gerlich eine neue publizistische Plattform. „Der Gerade Weg“wurde zum Kampfblatt gegen Nationalsozialismus und Kommunismus.
Gerlich begriff sich selbst als „Hausknecht Gottes“, mit der Aufgabe, „das deutsche Haus so rein zu fegen, dass künftige Geschlechter darin in Frieden nach den Geboten Gottes ihr Leben führen können“. 1931 konvertierte der „Hausknecht“zum Katholizismus und polemisierte derart heftig gegen die Nazis, dass er dort bald als Todfeind galt. Der Fürst, obwohl selbst vom Bankrott bedroht, finanzierte alles für die, wie er sagte, „Wildsau Gottes“. Am 9. April 1933 holte die Münchner SA Gerlich aus seiner Redaktion, folterte ihn im Gefängnis und schaffte ihn am 30. Juni 1934 im Zusammenhang mit den Röhm-Unruhen ins KZ Dachau, wo er noch am selben Abend erschossen wurde. Dass er bislang nicht richtig gewürdigt wurde, liegt wohl an seinem „sperrigen Charakter“(Morsey), an seinen zahlreichen politischen Wendungen von linksliberal über konservativ und rechtsliberal zu klerikal, und nicht zuletzt an seiner Abhängigkeit von der nicht gerade unumstrittenen Therese Neumann. Aber als „früher Gegner Hitlers und des Nationalsozialismus“, so der Buch-Untertitel, sollte er in der Tat nicht vergessen werden. (wob)