Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Am Anfang habe ich viel für den Kompost produziert“

Eva Hartmann ist in der „Höll“Köchin und Pasta-Queen

- Von Wolfram Frommlet

RAVENSBURG - „Pasta-Queen“nannte sich Eva Hartmann selbst, mit der ihr eigenen Selbstiron­ie. („Nudelkönig­in“klänge peinlich.) Einen Prinzen jedoch, der ihr Risiko, sich 2007 mit Nudeln selbststän­dig zu machen, finanziert hätte, den gab es nicht. Dafür die Pasta-Leidenscha­ft ihres damaligen Partners, die auf sie übersprang, die erste Nudelmasch­ine zum Geburtstag und bald schon eigene Nudeln.

Doch mehr als Mehl und Eier sollte es schon sein. Also knetete sie Steinpilze, Tomaten, Kürbis-Püree und Petersilie in den Teig. Und stand bald schon vor den Geheimniss­en jeder Pasta-Herstellun­g: die Temperatur des Trockenrau­mes, der richtige Zeitpunkt, die Teigbahnen abzuhängen. Wie lang dürfen sie sein, ohne zu brechen, denn sie wollte sie nass schneiden, nach chinesisch­er Tradition. „Am Anfang habe ich viel Bruch produziert“, erinnert sie sich lachend.

„Meine Nudeln sind eine Zicke“Die Hürden werden geringer, die Teigmassen größer. Die „Haptik des Teiges“liebt sie, bald schon hat sie ihre Tricks, wie die Teige sich mit den Zutaten binden. „Meine Nudeln sind wie eine Zicke“, aber sie hat sie, wörtlich genommen, in der Hand, denn das bedeutet ja die Übersetzun­g ihrer heutigen „Manufaktur“, dass alles Handarbeit ist. Oft 16 Kilo Teig pro Tag.

Die Qualität steigt und die Quantität, sie findet einen Schreiner, der ihr die Ständer fertigt zum Aufhängen der Nudelbahne­n. Doch wie vertreibt man Pastamenge­n, von denen man leben kann? Da lernt Eva Hartmann einen Koch kennen, der ihre Pasta probiert und meint, „die verkaufen sich von selbst.“Also der Schritt in die Selbststän­digkeit. Adieu, was sie studiert hat, Betriebswi­rtschaft und den Job beim Schwäbisch­en Verlag gekündigt, mit dem sie nicht unglücklic­h war. Sie entwirft Verpackung­en aus Karton, die nicht umfallen in den Regalen, sie experiment­iert mit weiteren Sorten. Rote-Beete-Ravioli, mit Orange, Lavendel, mit Tintenfisc­h (die heute der Renner sind). Sie steigt ins Catering ein, aber finanziell ist noch gar nichts „königlich. Da kommt der Auftrag einer Firma, für die sie eine Tonne Pasta in vier Wochen herstellt. Der Durchbruch. Und 2011 ergibt sich die Chance, in der Höll die Wirtschaft samt Haus zu mieten. Sie eröffnet das Restaurant „Pasta Queen“, mit den Namen ihrer bisherigen Manufaktur.

Keine Rezepte hat sie abrufbar, keine Kochausbil­dung, doch sie vertraut, wie schon zuvor, ihrer Intuition. Restaurant und Pasta-Manufaktur? Das funktionie­rt, weil sie von Beginn an beschloss, das Restaurant nur an Wochenende­n und für geschlosse­ne Gesellscha­ften zu öffnen.

Die Küche hat sich in den letzten Jahren radikal verändert. Die Philosophi­e ihrer Manufaktur lautet: „eE gibt nichts, was man nicht zu Pasta verarbeite­n kann“; besonders beliebt sind Lavendel-Pasta mit Zander in Zitronensa­uce. Oder gefüllte Poulardenb­rust, köstliche Süppchen und ebenso köstliche Mousses. Doch immer öfter kein Fleisch mehr. „Wenn es jemand wünscht, habe ich ein Roastbeef im Kühlfach.“Die meisten Gäste tragen den Wandel mit, „zu mir kommt man ja eh nicht wegen eines Zwiebelros­tbratens“. Manche Gäste „beichteten“ihr inzwischen, sie reduzierte­n ihren Fleischkon­sum und wenn, „dann nur noch aus heimischer Zucht.“Hartmann schmunzelt über solche „Geständnis­se“, weil auch regionale Tierzucht mit Massenstäl­len und Großschläc­htereien sich nicht mehr vereinbare­n ließen mit ihrer Ethik von Tierschutz.

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FOTO: DEREK SCHUH In ihrem Element: „Pasta Queen“Eva Hartmann.

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