Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kultusministerium entwickelt Ganztagsschulen weiter
Landtag segnet Kultusetat ab – Lehrerverbände verärgert, weil sie an Arbeitsgruppen nicht beteiligt sind
STUTTGART - Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Donnerstag im Zuge der Haushaltsdebatten unter anderem den Etat des Kultusministeriums für 2017 abgesegnet. „So viel ist noch nie für Bildung ausgegeben worden“, betonte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Der Bildungsexperte der SPD-Fraktion, Stefan Fulst-Blei, forderte hingegen, den geplanten Abbau von 1074 Lehrerstellen zu streichen: „Damit versündigt sich die Regierung an den Schulen in diesem Land. Kritik kam indes nicht nur von der Opposition, sondern auch von Lehrerverbänden.
Der Kultusetat wächst in diesem Jahr um 360 Millionen auf 10,58 Milliarden Euro, was mehr als 22 Prozent vom Gesamtetat des Landes ausmache, so Eisenmann. Dieser liegt bei gut 48 Milliarden Euro. Während der Landtagsdebatte hatte bereits der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Karl-Wilhelm Röhm auf 100 neue Stellen zum Ausbau des Ganztagsangebots an den Schulen im Land hingewiesen. Bislang gibt es ausschließlich Grundschulen, die das Ganztagsangebot nach neuer Ausrichtung anbieten können. Es wurde in der vergangenen Legislaturperiode unter Grün-Rot im Schulgesetz verankert. Der Schultag ist dabei klar strukturiert, inklusive Mittagessen und Angeboten außerschulischer Partner wie Musik- und Sportvereine. Dieses pädagogische Konzept soll nun auf die weiterführenden Schulen ausgeweitet werden.
Ministerin Eisenmann möchte zudem wieder in flexiblere Betreuungsangebote investieren, wie sie im Landtag betonte. Von Anfang an hatte die CDU, damals in der Opposition, den strikten Ganztagsbetrieb an Grundschulen kritisiert. Dennoch hatte sich das Land unter Grün-Rot aus der Förderung von Betreuungsangeboten, die den Halbtag ergänzen, verabschiedet, wenn sich eine Grundschule für den Ganztag entschieden hat. Ganz oder gar nicht, so die bisherige Devise.
Um über die Entwicklung des Ganztags zu diskutieren, hatte Eisenmann Ende November alle relevanten Akteure zum Ganztagsgipfel ins Kongress- und Kulturzentrum Kornwestheim eingeladen. Die damals angekündigten Arbeitsgruppen, die aus den Ergebnissen des Gipfels konkrete Vorschläge erarbeiten sollen, haben sich im Januar konstituiert, erklärt eine Sprecherin des Kultusministeriums auf Anfrage. Demnach gibt es drei Arbeitsgruppen: eine zur Weiterentwicklung der Ganztagsgrundschule, eine zur Einführung des Ganztags in den Sekundarstufen der weiterführenden Schulen sowie eine zur Entwicklung des Mittagessens und der Mittagspause. Die Gruppen sollen ihre Vorschläge bis Ende April erarbeiten, vorgestellt werden sie beim nächsten Ganztagsgipfel, der für den 15. Mai geplant ist.
Beteiligt an den Arbeitsgruppen sind, neben Mitarbeitern des Ministeriums, die kommunalen Landesverbände, Lehrer, Elternvertreter, Mitarbeiter aus den Regierungspräsidien sowie außerschulische Partner. Am Tisch fehlen allerdings die Lehrerverbände.
GEW-Vorsitzende empört „Bei der Gestaltung dieser Zukunftsaufgabe gehören alle wichtigen Akteure an einen Tisch und es muss auch möglich sein, dass kritische Stimmen gehört werden“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, der „Schwäbischen Zeitung“. „Es ist für uns unverständlich, warum die GEW, mit 50 000 Mitgliedern die größte bildungspolitische Interessenvertretung im Land, nicht einbezogen wird. Guter Dialog mit den am Ganztag beteiligten Partnern sieht anders aus.“Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) erklärte: „Wir würden es als tollen neuen Weg begrüßen, wenn bei wichtigen Themen das Gespräch mit uns gesucht werden würde. Wir haben die Expertise.“