Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kapitulation im „Bauernkrieg“
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) entschuldigt sich für ihre Bauernregel-Kampagne
DÜSSELDORF (KNA/ben) - Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bedauert die Wirkung ihrer „Bauernregeln“-Kampagne. Direkt an die Landwirte gerichtet sagte Hendricks der „Rheinischen Post“: „Viele von Ihnen geben mir recht darin, dass sich etwas ändern muss in der Art und Weise, wie wir in Deutschland Landwirtschaft betreiben. Gleichwohl sehen Sie sich durch die Aufmachung der Kampagne persönlich angegriffen oder sich in ihrer Berufsehre verletzt.“Hendricks ergänzte: „Das tut mir leid, mir ganz persönlich, denn das war selbstverständlich niemals meine Absicht.“
Sie komme selbst aus einer landwirtschaftlich geprägten Region, betonte die Ministerin. Sie wisse, dass viele Landwirte sehr hart arbeiteten und zugleich immer weniger Auskommen hätten. Mit ihrer Kampagne wolle sie darauf aufmerksam machen und dabei die Umweltprobleme ansprechen, die durch „Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft“verursacht worden seien.
Anlass für den Wirbel war eine Plakatserie der Ministerin mit elf Bauernregeln. „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“, lautet einer der elf Sprüche von Hendricks. Oder: „Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm.“Und: „Steh’n im Stall zu viele Kühe, macht die Gülle mächtig Mühe.“Auf Plakaten in mehr als 70 Städten, auf Ansichtskarten und über soziale Medien wirbt Hendricks damit für eine Reform der Agrarpolitik.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hatte Hendricks vorgeworfen, „das alte Klischee einer zurückgebliebenen Landbevölkerung zu bedienen, die grobschlächtig mit Tieren und Natur umgeht“. Schmidt konnte nicht erkennen, „wie diese Kampagne ein Sachbeitrag zur Zukunft der Landwirtschaft sein soll“, sagte der Minister im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nannte die Bauernregeln nicht nur eine „Verunglimpfung, sondern eine Beleidigung“. Er hatte Hendricks dazu aufgerufen, sich bei den Bauern zu entschuldigen – und sprach damit dem Deutschen Bauernverband aus der Seele, der sich in Briefen und Protestnoten gegen den Vorstoß von Hendricks gewandt hatte. Auch eine Klasse der Schwäbischen Bauernschule in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) hatte sich in einem Schreiben an das Ministerium empört über Inhalt und Wortwahl gezeigt.
Ein Hendricks-Sprecher sagte am Donnerstag, mit den „spielerischhumorvollen Bauernregeln“sei es gelungen, die Aufmerksamkeit eines großen Teils der Öffentlichkeit für das Thema zu gewinnen. Jetzt komme das Ministerium aber zu seinem „Kernanliegen“: einen breiten Dialog darüber zu führen, wie Landwirtschaft und Naturschutz miteinander versöhnt werden könnten. Weitere Plakate mit neuen Bauernregeln soll es nicht geben.