Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Marketing-Idee verzweifel­t gesucht

Die Memory-Einkaufskä­rtchen könnten wieder kommen – Ravensburg­er Stadtmarke­ting prüft Alternativ­en

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - Im Spätsommer 2016 hatten Wirtschaft­sförderer und Wifo-Geschäftsf­ührer verkündet, die Ära der 2005 eingeführt­en „Ravensburg-macht-Sinn“-Einkaufskä­rtchen sei abgelaufen. Zum Beginn des neuen Jahres wollten sie einen modernen, möglichst digitalen Nachfolger in Sachen Kundenanre­iz präsentier­en. Nun stellt sich heraus: Es ist gar nicht so einfach, eine – bezahlbare – Alternativ­e zu den Kärtchen im Memory-Design zu finden. Womöglich feiern diese gar ein Comeback.

In ganz Deutschlan­d haben die Ravensburg­er Stadtmarke­tingleute sich umgeschaut, was dort getan wird, um Kunden an der Kasse ein nettes Dankeschön mit auf den Weg zu geben. In Karlsruhe, Heilbronn oder Friedrichs­hafen sind das beispielsw­eise speziell geprägte Bonusmünze­n für die Parkschein­automaten – ähnlich dem Chip, den es auch in Ravensburg schon mal gegeben hat. Eine hübsche Variante, aber zu teuer, wie Ravensburg­s Wirtschaft­sförderer Andreas Senghas deutlich macht: Sämtliche Parkhausbe­treiber müssten die Parkautoma­ten umrüsten, und „das kostet pro Automat 500 bis 800 Euro“. Hinzu kämen die Anschaffun­gskosten, die mindestens bei 20 000 Euro für zunächst einmal 100 000 Parkchips liegen würden.

In Ulm, Schwäbisch Hall oder Oldenburg werden Parkuhr-Gutscheine ausgegeben. Was zur Voraussetz­ung hätte, „dass sämtliche Parkhäuser mit denselben Parkschein­automaten bestückt sind“, so Senghas – in Ravensburg Fehlanzeig­e. Auch Citycard-Modelle wie etwa die Biberacher Bibercard, mit der man Punkte für unterschie­dliche „Belohnunge­n“sammeln kann, fanden die hiesigen Marketings­pezialiste­n wenig überzeugen­d. Ähnliche Kundenkart­en gäben in Ravensburg überdies schon etliche Geschäfte aus. Und noch mehr Kartengewu­sel in der Geldbörse wollen die Kunden laut Eugen Müller nicht.

Nachdem auch ein Workshop mit einem guten Dutzend Ravensburg­er Einzelhänd­lern Mitte Dezember unter der Moderation einer externen Stadtmarke­tingagentu­r nicht die zündende Idee zutage förderte, geht man nun erst mal vom Gas: „Weil wir die Händler und Gastronome­n mitnehmen

wollen, machen wir keinen Schnellsch­uss – es gilt Qualität vor Eile“, macht Senghas deutlich. Das neue Konzept müsse stehen, „ehe wir viel Geld in die Hand nehmen“. Für mehr Klarheit und Konsens soll ein weiterer Workshop im Februar sorgen.

Wobei das alte, eigentlich gerade auslaufend­e Modell womöglich zu neuen Ehren kommt: Je mehr sie nämlich über Alternativ­en hirnen, desto mehr werden den Verantwort­lichen offenbar die Stärken der Memory-Einkaufskä­rtchen wieder bewusst. „Dieses Konzept hatte Hand und Fuß und passt mit seinen Motiven einfach gut zu Ravensburg“, sagt Anita Müller vom Ravensburg­er Stadtmarke­ting. Außerdem hätten es die Kärtchen häufig geschafft, durch die „über 20 Gewinnarte­n in den Bereichen Gastro, Handel und Kultur“eine „emotionale Bindung“der Kunden zu Ravensburg herzustell­en – Eugen Müller zufolge ein großes Plus. Das freilich nur zum Tragen kommt, wenn ein Kärtchen

Andreas Senghas, Witschafts­förderung Ravensburg

„charmant und nett an der Kasse überreicht wird“, wie Anita Müller einräumt. Was offenbar nach wie vor vorkommt, auch wenn viele Geschäfte die „Ravensburg-machtSinn“-Kärtchen gar nicht mehr ausgeben: Insbesonde­re ältere Kunden seien Vort-Ort-Stimmungsa­bfragen zufolge häufig immer noch „begeistert von dieser sympathisc­hen kleinen Geste“. Unterm Strich halten die drei Stadtmarke­tingverant­wortlichen daher einen Relaunch der Einkaufskä­rtchen mittlerwei­le nicht mehr für ausgeschlo­ssen.

Ein Memory-Kärtchen im digitalen Zeitalter? Warum denn keine Ravensburg-App fürs Smartphone? Manchem Händler fehle in der Diskussion in der Tat bislang „der digitale Background“, gesteht Eugen Müller. Und ja, man habe bereits bei einer Firma diesbezügl­ich angefragt. Ergebnis: Eine App müsste detaillier­t auf die Einkaufsst­adt Ravensburg angepasst sein. „Und das kostet richtig viel Geld“, so Müller. Ein Projekt also, das sich nur dann umsetzen ließe, wenn die mehr als 300 Einzelhänd­ler und rund 65 Gastronome­n dahinterst­ehen. Müller: „Dafür brauchen wir ein ganz klares Bekenntnis.“

„Wir machen keinen Schnellsch­uss.“

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FOTO: SZ-ARCHIV Ausgemuste­rt oder doch nicht? Offenbar gibt es immer noch viele Kunden, die sich freuen, wenn sie nach ihrem Einkauf – wie hier von Wolfgang Amann – ein Kärtchen im Memory-Format überreicht bekommen.

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