Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weingartener Gymnasiasten gewinnen Klassenfahrt nach Paris
Die Klasse 9a beschäftigt sich mit „Jungen Flüchtlingen bei uns“und räumt einen Hauptpreis ab beim Schülerwettbewerb für Politische Bildung
WEINGARTEN - Aus 345 eingereichten Arbeiten zum Thema „Junge Flüchtlinge bei uns“sind sie als Sieger hervorgegangen: die Schüler der Klasse 9a des Gymnasiums Weingarten mit ihrer Lehrerin Anja Locher. Sie beteiligten sich am Schülerwettbewerb der Bundeszentrale für politische Bildung. Der erste Preis ist eine fünftägige Reise nach Paris. Am Donnerstag wurden die glücklichen Gewinner von der guten Nachricht überrascht und waren ganz aus dem Häuschen.
Das hätten sie nicht gedacht. Nicht die Schüler, nicht ihre Lehrerin. Die Schulleitung hat es aber auch spannend gemacht. Holte die 14-Jährigen gestern nichtsahnend aus der sechsten Stunde und überraschte sie mit einem illustren Empfangskomitee, darunter der Leiter des Schülerwettbewerbs für Politische Bildung, Hans-Georg Lambertz. Eigens ist er aus Bonn angereist, um die Sache zu verkünden: „Die Klasse 9a des Gymnasiums Weingarten hat den ersten Preis zum Thema „Junge Flüchtlinge bei uns“gewonnen. Und ist damit an knapp 350 Mitbewerbern aus aller Welt vorbeigezogen.“Gekreisch wie beim Justin-Biber-Konzert. „Ich dachte erst, das ist eine Fake-Nachricht“, lacht die verantwortliche Gemeinschaftskundelehrerin Anja Locher, die im Vorfeld von der Entscheidung erfahren hat. „Wir sind voll von den Socken“, freut sich Schulleiter Günter Erdmann. Urkunden und kleinere Preise hätten Klassen schon mal eingeheimst, „aber in der Größenordnung Eine-WocheParis war noch nichts dabei“.
Glückwünsche auch von Alfred Schick, dem ehrenamtlichen Bürgermeister, der selbst mal Rektor am Gymnasium Weingarten war. Auf sechs Plakaten, die derzeit im Obergeschoss der Schule ausgestellt sind, kondensiert sich die vielschichtige Herangehensweise der 26 Schüler zum Thema „Junge Flüchtlinge bei uns“. Zwei Monate haben sich die 14Jährigen über den Unterricht hinaus intensiv mit der Materie vor Ort auseinandergesetzt. Interviews geführt mit Flucht- und Integrationsbeauftragten, Sozialarbeitern und mit Oberbürgermeister Markus Ewald.
Direkter Kontakt mit Flüchtlingen Sie sprachen aber auch mit Betroffenen, führten eine Nikolausaktion durch und verteilten Geschenke in den Unterkünften. „Das Schöne an dem Projekt war, dass man sich nicht nur theoretisch und aus der Ferne mit der Sache beschäftigt hat, sondern in Kontakt mit den Flüchtlingen gekommen ist“, sagt Anja Locher. Einen ganz anderen Blickwinkel hätten sie auf Migranten bekommen durch dieses Projekt, sagen viele Schüler. Erstaunt waren sie, was in Weingarten alles an Integrationsbemühungen läuft.
„Die Visionen von OB Ewald für eine offene und bunte Gesellschaft haben mich beeindruckt“, sagt Sonja. Die Fluchtgeschichten, und was die Jungen alles auf sich genommen hätten, um ein besseres Leben führen zu können, fanden Laura und Esma mutig und kämpferisch. Gleichzeitig hat sie erstaunt, dass die Flüchtlinge dieselben Interessen hätten wie sie. „Die sind wie wir“, sagt Cécile.
Manche haben Freundschaften geschlossen. Mit Geld aus dem Jugendfonds will man jetzt ein gemeinsames Essen und Nachhilfe für die Flüchtlinge organisieren. „Wir wollen weiter engagiert bleiben“, sagt Lisa. Aber nun freuen sie sich erst mal auf die fünf Tage Paris Ende Mai. Schade findet Anja Locher, dass die Flüchtlinge, die beim Projekt mitgemacht haben, nicht mitreisen können. „Das muss uns Ansporn sein, etwas zurückzugeben und uns weiter um Integration zu kümmern.“Seit 46 Jahren gibt es den Schülerwettbewerb für Politische Bildung. „Junge Flüchtlinge bei uns“war eines von zwölf Themen. Alle Schulen weltweit, in denen Deutsch unterrichtet wird, können sich beteiligen. 2600 Klassen machten dieses Jahr mit. Ziel ist es, Jugendliche an gesellschaftliche Themen über den Unterricht hinaus heranzuführen. Die Ausstellung „Junge Flüchtlinge bei uns“läuft noch bis Ende Februar im Gymnasium Weingarten.