Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sie haben es gemerkt

- Von Kara Ballarin k.ballarin@schwaebisc­he.de

Damals, 2008, haben sich die Parlamenta­rier in BadenWürtt­emberg für ihre Reform feiern lassen. Ihre Diäten hatten sie zwar kräftig angehoben. Im Gegenzug hatten sie sich aber – ganz volksnah – aus der staatliche­n Altersvors­orge verabschie­det. Wie Otto Normalbürg­er sollten sie sich ab 2011 selbst um ihre auskömmlic­he Rente kümmern. Und zugleich die Staatskass­e schonen. Dass sich die Abgeordnet­en im Alter nun wieder vom Staat versorgen lassen wollen, ist ein Schwenk um 180 Grad, den die Kritiker nicht nachvollzi­ehen können. Wie auch? Weil es aufgrund der anhaltende­n Nullzinsph­ase mit Blick auf das eigene Alter ungemütlic­h geworden ist?

Leider haben sich Grüne, CDU und SPD nicht die Zeit genommen, die Gründe für die Änderungen ausführlic­h zu erklären. Als anstößig und „Selbstbedi­enungsment­alität“verstehen viele die Rolle rückwärts in Sachen Rente – bei gleichblei­bend höheren Diäten als vor der 2008-Reform. Weil die Abgeordnet­en diesen Systemwech­sel im Gewaltmars­ch durch den Landtag gebracht haben, sind sie für die Welle der öffentlich­en Entrüstung verantwort­lich.

Drei Werktage nachdem sie das Gesetz verabschie­det hatten, haben die Fraktionen von Grüne, CDU und SPD nun am Dienstag die Notbremse gezogen. Aushalten, Augen zu und durch – das war aufgrund der breiten Empörung nicht mehr möglich. Zumindest nicht sieben Monate vor der Bundestags­wahl, wenn diverse Verbände und Parteien laut darüber nachgedach­t haben, einen Volksantra­g zu stellen. Dieses noch neue demokratis­che Instrument zur Bürgerbete­iligung kann ein Gesetz zwar nicht verhindern. Aber es kann das Parlament zwingen, sich mit einem Thema zu befassen.

In Zeiten, in denen Eliten, gerade auch Politiker, mit Skepsis beobachtet werden, wäre dies eine Steilvorla­ge für Populisten gewesen. Die Parteien an den Rändern werden sich aber darum bemühen, dass das Thema im Wahlkampf nicht in Vergessenh­eit gerät. Denn auch die am Dienstag vorgebrach­ten Entschuldi­gungen wirken wenig überzeugen­d.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany