Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Grammer macht Ernst mit Abwehr gegen Hastors
Der Automobilzulieferer holt einen „Weißen Ritter“an Bord – Chinesen übernehmen zehn Prozent der Anteile
RAVENSBURG - Der Abwehrkampf des Automobilzulieferers Grammer gegen die bosnische Unternehmerfamilie Hastor nimmt Fahrt auf: Die Oberpflälzer haben einen chinesischen Wettbewerber als sogenannten „Weißen Ritter“gewonnen, der ebenfalls Großaktionär bei Grammer werden soll. Über eine Pflichtwandelanleihe im Volumen von 60 Millionen Euro zeichnet das Unternehmen Ningbo Jifeng Auto Parts, ein Hersteller von Kopfstützen und Armlehnen, rund 9,2 Prozent des Grundkapitals von Grammer. Noch in der Nacht zum Dienstag hatte Grammer nach Aufkommen von Marktgerüchten bestätigt, dass man mit Ningbo Jifeng verhandele und eine Beteiligung im Raum stehe – bis zum Morgen waren sich die beiden Unternehmen handelseinig geworden. Die Grammer-Aktie kletterte am Dienstag auf ein weiteres Rekordhoch von mehr als 58 Euro.
Der Einstieg der Chinesen ist eine bittere Pille für die Investorenfamilie Hastor: Bei dem börsennotierten Konzern aus Amberg sind die Bosnier über die Gesellschaften Halog und Cascade inzwischen mit 20 Prozent beteiligt und damit größter Einzelaktionär. Die Hastors wollen auf einer noch einzuberufenden Hauptversammlung die Macht bei Grammer übernehmen, weil sie die Rendite als zu niedrig kritisieren. Sie fordern die Neubesetzung des Aufsichtsrats und wollen GrammerChef Hartmut Müller das Vertrauen entziehen.
Trotz des Minderheitsanteils könnte die Familie dem GrammerManagement gefährlich werden. Der Grund: Die Präsenz auf den Grammer-Aktionärstreffen lag in der Vergangenheit zumeist zwischen 40 und 50 Prozent. Mit ihrer Beteiligung von gut 20 Prozent könnten die Bosnier durchaus die Mehrheit der Anwesenden stellen.
Laut Grammer sollen Autohersteller und wichtige Großkunden die Partnerschaft mit den Chinesen unterstützen. Die Hastors hatten im vergangenen August mit einem Lieferstopp ihrer Prevent-Gruppe die Bänder bei VW in Wolfsburg und Emden lahmgelegt. Auch mit Daimler streitet die Prevent-Gruppe vor Gericht.
Beim angeschlagenen Küchenhersteller Alno aus Pfullendorf (Landkreis Sigmaringen) sind die Bosnier über die Beteiligungsgesellschaft Tahoe inzwischen größter Aktionär.