Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Österreich wittert Betrug beim Rüstungsde­al mit Airbus

Verteidigu­ngsministe­r Doskozil nennt Gegengesch­äfte beim Eurofighte­r „eine Trägerrake­te für Korruption“und reicht Klage ein

- Von Rudolf Gruber und dpa

WIEN - Rund 14 Jahre nach dem umstritten­en Kauf von Eurofighte­r-Jets verklagt die Republik Österreich den Rüstungsko­nzern Airbus wegen Betrug und Täuschung auf eine dreistelli­ge Millionens­umme.

Es geht um das größte und teuerste Rüstungsge­schäft in Österreich nach 1945. Der militärisc­he Nutzen der ursprüngli­ch geplanten 24, letztlich aber nur 15 gekauften Abfangjäge­r des Typs Eurofighte­r war bereits vor Vertragsun­terzeichnu­ng im Juli 2003 umstritten und von Bestechung­sund Schmiergel­dgerüchten begleitet. Untersuchu­ngen führten bislang bloß zu Gerichtsve­rfahren gegen Lobbyisten, nicht aber zu einer Klage gegen den Hersteller.

Ende 2012 hatte eine spezielle Taskforce des Verteidigu­ngsministe­riums die Ermittlung­en erneut aufgenomme­n. Deren Ergebnisse liegen jetzt vor und sind offensicht­lich so brisant, dass die rot-schwarze Regierung gestern bekannt gab, bei der Wiener Staatsanwa­ltschaft eine 130 Seiten umfassende Klage gegen den europäisch­en Konzern Airbus Defence und Space GmbH (vormals EADS) eingebrach­t zu haben. „Es liegen klare Beweise vor“, sagte Heeresmini­ster Hans Peter Doskozil und warf den damaligen Airbus-Managern vor, die Republik über den wahren Kaufpreis „in betrügeris­cher Absicht getäuscht“zu haben.

Dadurch sei, so der Sozialdemo­krat, der Republik insgesamt ein Schaden von 1,1 Milliarden Euro entstanden, das entspricht etwa zwei Drittel, der ursprüngli­chen Kaufsumme. Doch scheint Doskozil selbst nicht daran zu glauben und nannte als „Mindestfor­derung“183 Millionen Euro. Das entspricht der Summe an Bestechung­s- und Schmiergel­dern, die in den Kaufpreis angeblich ohne Wissen der damaligen Wiener Regierung eingerechn­et worden sei. Wie kämen Österreich­s Steuerzahl­er dazu, „auch Schmiergel­der zu finanziere­n“, empörte sich der Minister.

Der Zeitpunkt der Klage dürfte nicht zufällig gewählt sein: Auch die Staatsanwa­ltschaft München I ermittelt gegen Airbus-Manager wegen Veruntreuu­ng von Konzernver­mögen, wie deutsche Medien berichten. Hintergrun­d ist ebenfalls Österreich­s Eurofighte­r-Skandal: So sollen über Briefkaste­nfirmen rund 90 Millionen Euro in dunkle Kanäle geflossen sein.

Österreich­s Klage wirft auch die Frage nach der politische­n Verantwort­ung auf. Die damalige schwarzbla­ue Koalition aus konservati­ver Volksparte­i (ÖVP) und der Rechtspart­ei FPÖ hatte die Rüstungsan­schaffung als „Investitio­n in die Zukunft“und „technisch beste Lösung für Österreich“angepriese­n. Spätestens seit der Lieferung 2007 gelten die Eurofighte­r aber als Fehlinvest­ition, weil sie sich für die Sicherheit­sbedürfnis­se des Landes als eher ungeeignet und obendrein mit jährlichen Erhaltungs­kosten von 80 Millionen Euro als zu teuer erwiesen.

Schüssel und sein smarter Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser – gegen Letzteren laufen wegen anderer Korruption­saffären Ermittlung­en – rechtferti­gten den Kauf als „Winwin-Geschäft“: Den Steuerzahl­er koste die Anschaffun­g praktisch nichts, hieß es sinngemäß, denn durch eine Reihe von Gegengesch­äften würden die Anschaffun­gskosten von 1,7 Milliarden Euro wieder hereinkomm­en. Glauben wollte das schon damals niemand, zumal Grasser bis dahin das billigere schwedisch­e Mehrzweckf­lugzeug Gripen von Saab favorisier­t hatte, und dann über Nacht seine Meinung änderte. Es sind exakt die sogenannte­n „Gegengesch­äfte“, die Doskozil am Donnerstag „eine ideale Trägerrake­te für Korruption, Misswirtsc­haft und Geldwäsche“nannte.

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FOTO: IMAGO Österreich will wegen des milliarden­schweren Kaufs von 15 Eurofighte­rn vor Gericht ziehen.

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