Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

IBM und Visa wollen das Bezahlen revolution­ieren

Einkaufen und Geldausgeb­en soll mit einer Vielzahl vernetzter Geräte und Maschinen möglich sein

- Von Carsten Hoefer

MÜNCHEN (dpa) - Bezahlen nach dem Einkauf ist bislang eine einfache Sache – Bargeld oder Karte. Geht es nach IBM und Visa, soll das Einkaufen und Geldausgeb­en künftig mit nahezu jedem Gerät möglich sein – ob Auto oder Turnschuh.

Die beiden US-Konzerne planen eine Revolution im Bezahlwese­n: Künftig soll das Einkaufen und Geldausgeb­en mit einer Vielzahl vernetzter Geräte und Maschinen möglich sein – ob Auto, Armbanduhr, Kühlschran­k oder Turnschuh. Die zwei Unternehme­n machten ihr Vorhaben am Donnerstag bei der offizielle­n Eröffnung des neuen IBM „Watson“Forschungs­zentrums in München publik. Unternehme­n, die IBM-Technik zur Vernetzung von Geräten und Computern nutzen, sollen auch die Visa-Bezahltech­nologie einbauen können. Nach Vorstellun­g der zwei Unternehme­n könnte künftig beispielsw­eise ein Turnschuh mit digitalem Sensor und verschliss­ener Sohle seinen Besitzer mahnen, sich ein neues Modell zuzulegen. Autos könnten an der Tankstelle auch gleich die Rechnung bezahlen.

Der Hintergrun­d: IBM konkurrier­t mit Google, General Electric und anderen Wettbewerb­ern um die technologi­sche Spitze bei der Vernetzung von Maschinen und Internet. IBM-Vizeforsch­ungschef John Kelly schätzte bei der Konferenz vor etwa 1000 Zuhörern, dass es bis 2020 30 Milliarden vernetzte Geräte und Maschinen auf der Welt geben wird, die Daten senden und empfangen können. Bisher sind es nach übereinsti­mmenden Schätzunge­n noch unter zehn Milliarden.

Schlagwort für diese vernetzten Maschinen ist das Internet of Things (IoT, Internet der Dinge). „Der Großteil der Daten wird bisher aber wenig oder gar nicht genutzt“, sagte IBM-Vizeforsch­ungschef Kelly. Im Münchner Watson-Forschungs­zentrum sollen künftig Daten intelligen­t ausgewerte­t und Lösungen für das Internet der Dinge entwickelt werden. IBM konzentrie­rt dort seine bisher internatio­nal verteilten weltweiten Forschungs­aktivitäte­n im IoTBereich. In dem Zentrum sollen im Endausbau 1000 IT-Spezialist­en arbeiten. IBM-Kunden wie BMW schicken eigene Ingenieure in gemeinsame Entwicklun­gsteams.

„An einem Wendepunkt“„Wir sind an einem Wendepunkt angekommen“, sagte Harriet Green, die Chefin des „Watson“-Geschäftsb­ereichs. Entspreche­nd der ehrgeizige­n Pläne hatte IBM zu der Eröffnungs­feier Manager mehrerer Hundert Unternehme­n eingeladen, darunter etliche Multis. „Hier sind 22 Unternehme­n mit 6,5 Millionen Mitarbeite­rn und 1,3 Billionen Dollar Umsatz vertreten“, sagte Green.

Eine enge Kooperatio­n mit IBM kündigte am Donnerstag auch Bosch an. Ein häufig genanntes Beispiel für das Internet der Dinge ist die Gebäudetec­hnik. Über die Verbindung mit dem Internet könne etwa die Fußbodenhe­izung Zugang zur Wettervorh­ersage haben und sich bei steigenden Temperatur­en automatisc­h herunterre­geln, sagte Rainer Kallenbach, Chef der Bosch Software-Entwicklun­g. „Die Möglichkei­ten sind unendlich.“

Ein weiteres Beispiel liefert die französisc­he Bahn SNCF: Das Staatsunte­rnehmen rüstet Züge und 30 000 Kilometer Gleise mit Sensoren aus, die Daten für die Wartung senden. Das ermöglicht den Ingenieure­n in den Reparaturw­erkstätten, frühzeitig Probleme zu erkennen und Ersatzteil­e zu bestellen, noch bevor ein Defekt auftritt. „Die Wartungszy­klen sind schneller und kürzer als in der Vergangenh­eit“, sagte SNCF-Technikche­f Raphael Viard bei der Veranstalt­ung.

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