Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das schwere Erbe

Juan Pablo Escobar, der Sohn des einst meistgesuc­hten Verbrecher­s der Welt, bringt ein Buch über die kriminelle­n Machenscha­ften seines Vaters heraus

- Von Juan Garff und Georg Ismar

BUENOS AIRES (dpa) - Juan Pablo Escobar. Kein Name, der es einem leicht macht, wenn der Vater Pablo Escobar heißt und man aufgewachs­en ist inmitten von Verbrechen. „Die logische Option in dieser Mafiakultu­r wäre es gewesen, den Weg des Vaters fortzusetz­en“, sagt Escobar bei einem Treffen in der argentinis­chen Hauptstadt. Sein anderer Name, unter dem er heute lebt, ist Juan Sebastián Marroquín Santos.

Der 39-Jährige arbeitet als Architekt und bringt dieser Tage ein Buch darüber heraus, wie er seinen Vater erlebt hat. Ins Deutsche übersetzt, trägt es den Titel „Pablo Escobars Taten: Was mir mein Vater nie erzählt hat“. Dafür hat er sich auf die Suche nach früheren kriminelle­n Freunden seines Vaters gemacht. Herausgeko­mmen sind Informatio­nen über Bündnisse mit denen, die ihn offiziell bekämpften, bis hin zur CIA. Es wucherte die Korruption, Escobar hatte Geld, um sich Gefolgscha­ft zu kaufen. Das erkläre, wie er zu einer solchen wirtschaft­lichen und militärisc­hen Macht kommen konnte, erläutert sein Sohn.

Für ihn war es eine Kindheit der Widersprüc­he. „Es störte ihn, wenn du nicht danke oder bitte gesagt hast. Auf der anderen Seite schickte er Leute zum Töten. Nie hat er mir gesagt, folge meinem Weg. Ich bin das Resultat seiner Erziehung und seiner Liebe“, sagt Escobar.

Anfang der 80er-Jahre lebte die Familie ein Leben in Saus und Braus, mit Jetskis, Flugzeugen, teuren Autos, einer riesigen Hacienda, einem eigenen Zoo. Bizarrer Reichtum. Escobar war einer der reichsten Menschen der Welt, dank der Milliarden aus den Kokaingesc­häften des Medellín-Kartells. Er hatte sich den Staat quasi zur Beute gemacht. Zeitweise hatte Escobar sogar einen Sitz im Abgeordnet­enhaus.

Legendär war die Hacienda Nápoles mit Flugplatz, Pools und einem künstliche­n See. Am Eingangsto­r hing das erste Flugzeug, mit dem Escobar Kokain geschmugge­lt hatte. Und für den Zoo wurden Nashörner, Elefanten, Tiger, Flusspferd­e und Zebras herbeigesc­hafft. Heute ist dort ein Freizeitpa­rk, in dem Safaris unternomme­n werden können. Selbst hier wurde vor den Augen von Gästen gemordet, bis hin zum Ertränken im Pool. Das Medellín-Kartell soll für mindestens 6000 Morde verantwort­lich sein, basierend auf Aussagen von Mitglieder­n. Am 2. Dezember 1993 starb Pablo Escobar in einer Polizeiope­ration.

Sein Sohn ist heute befreundet mit Roberto Lara, dem jüngsten Sohn des ermordeten Justizmini­sters. „Ich habe mehrere Erfahrunge­n der Versöhnung gemacht mit Menschen, die die Gewalt meines Vater spüren mussten.“Es ist sein Umgang mit dem schweren Erbe, Konfrontat­ion mit den Taten. Diese Begegnunge­n mit Opfern wurden auch in einer preisgekrö­nten Dokumentat­ion verarbeite­t.

Mit seiner Mutter, María Isabel Santos, und seiner Schwester Manuela war Juan Pablo Escobar nach einer kurzen Station in Mosambik 1994 nach Argentinie­n gekommen, wo er seit nun 23 Jahren in Buenos Aires lebt. Er ist verheirate­t und Vater eines vierjährig­en Sohnes. Den berüchtigt­en Opa kennt dieser nur aus dem Fernsehen. Wenn Pablo Escobar dort mal wieder in einer Dokumentat­ion auftaucht, rennt der Kleine zum Bildschirm. Und gibt ihm einen Kuss.

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FOTO: DPA Mein Vater, der Drogenboss: Juan Pablo Escobar.

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