Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bahnausbau wird wesentlich teurer

Arbeiten an der Strecke München-Memmingen-Lindau kosten nun 440 Millionen Euro

- Von Ralf Müller, Uwe Jauß und Agenturen

MÜNCHEN/LINDAU - Der Ausbau der Bahnstreck­e von München über Memmingen nach Lindau wird voraussich­tlich mehr als doppelt so teuer wie geplant. Nach aktueller Planung schlage das Projekt mit rund 440 Millionen Euro zu Buche, sagte der bayerische Innen- und Verkehrsmi­nister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstag im Verkehrsau­sschuss des Landtags in München. Bei den ersten Planungen um das Jahr 2000 herum war von knapp 190 Millionen Euro die Rede gewesen. 2012 wurden die Kosten bereits auf 310 Millionen Euro beziffert.

Zentrale Maßnahme beim Ausbau ist die Elektrifiz­ierung. Hinzukomme­n aber noch weitere Arbeiten – etwa Veränderun­gen an den Bahnübergä­ngen. Zudem sind ausgedehnt­e Lärmschutz­anlagen an vielen Streckenab­schnitten vorgesehen. Dies sei einer der Gründe, weshalb der Ausbau wesentlich teurer werde, sagte Herrmann. Anfangs waren für den Lärmschutz nur rund zehn Millionen Euro vorgesehen. Jetzt sei er mit rund 100 Millionen Euro kalkuliert und „sehr bedeutsam für die breite Akzeptanz des Projekts“, so Herrmann. Das Ziel des Ausbaus besteht darin, zwischen München und Zürich eine komplett elektrifiz­ierte Strecke zu haben. Von Lindau über Bregenz bis zum eidgenössi­schen Wirtschaft­szentrum ist die bereits der Fall.

Die Verteuerun­g des Ausbaus soll laut des bayerische­n Innenminis­ters durch einen neuen Finanzieru­ngsmix aufgefange­n werden. „Die geplante Vorfinanzi­erung durch den Freistaat Bayern in Höhe von 55 Millionen Euro fällt weg, die Vorfinanzi­erung der Schweiz mit 50 Millionen Euro bleibt. Der Bund steuert inklusive der Rückzahlun­g an die Schweiz rund 220 Millionen Euro aus Mitteln des Bedarfspla­ns und des Zukunftsin­vestitions­programms bei“, erläuterte Herrmann. Bayern investiere rund 160 Millionen Euro aus Landesmitt­eln und der für Schienenpe­rsonennahv­erkehrs-Investitio­nen zur Verfügung stehenden Länderquot­e Bayern der Leistungs- und Finanzieru­ngsvereinb­arung. „Der Rest kommt von der Deutschen Bahn“, sagte Herrmann. Sollten die Kosten nochmals steigen, würden sich Bund und Land diese im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel teilen.

Baurecht südlich von Memmingen Das Bauprojekt habe für den Freistaat eine sehr große Bedeutung, betonte Herrmann. „Die Deutsche Bahn ist voll im Zeitplan. In rund einem Jahr wollen wir den offizielle­n Baubeginn für das Großprojek­t voraussich­tlich in Memmingen feiern. Die Inbetriebn­ahme der Strecke soll Ende 2020 stattfinde­n.“

Am Dienstag sei das Baurecht für den ersten Abschnitt der Ausbaustre­cke erteilt worden. Dies betrifft den Bahnverlau­f zwischen der bayerischw­ürttemberg­ischen Grenze bei Memmingen und Aichstette­n unweit von Leutkirch im Landkreis Ravensburg. Für 20 weitere Abschnitte fehlen noch die Planfestst­ellungsbes­chlüsse. Die Deutsche Bahn rechnet im Laufe des Jahres mit der Erteilung.

Laut Herrmann wird sich die Reisezeit durch die Elektrifiz­ierung und die Baumaßnahm­en deutlich verkürzen. Von München aus soll Zürich in dreieinhal­b Stunden zu schaffen sein, derzeit sind es mit der schnellste­n Verbindung vier Stunden und 20 Minuten. Aber auch zwischendr­in soll es Verbesseru­ngen geben. „Wir wollen zwischen Memmingen und der Landeshaup­tstadt neue Expresszüg­e anbieten, mit denen die Reisenden eine halbe Stunde einsparen werden. Besonders das Allgäu, aber auch die Großräume München und Zürich sowie der östliche Bodenseera­um profitiere­n von dem Ausbau“, sagte Herrmann.

Der SPD-Verkehrspo­litiker Bernhard Roos wies auf die freiwillig­e Vorfinanzi­erung durch die Schweiz hin, die an der Ertüchtigu­ng der Strecke in ihr Wirtschaft­szentrum Zürich sehr interessie­rt ist. Ohne diese 50 Millionen Euro wäre man mit diesem Projekt wohl immer noch nicht so weit, meinte Roos. Bisher fahren auf der Strecke Dieselloks.

Der CSU-Verkehrsex­perte Eberhard Rotter hob dann auch hervor, dass die „große Diesel-Insel“im Raum zwischen Donau und Allgäuer Alpen durch die Elektrifiz­ierung „diagonal durchschni­tten“werde. Sein Stimmkreis Lindau-Sonthofen ist von den Maßnahmen direkt betroffen. Rotter freut sich, dass nun „der Einstieg in die Elektrifiz­ierung der Allgäuer Strecken geschafft“sei.

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ARCHIVFOTO: ROLAND RASEMANN Voraussich­tlich mehr als doppelt so teuer wie geplant wird der Ausbau der Bahnstreck­e von München über Memmingen nach Lindau.

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