Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Name ist Programm

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Um seine politische­n Präferenze­n kundzutun, gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten. Demonstrie­ren gehen, in eine Partei eintreten oder im Internet falsche Meldungen verbreiten. Der türkische Bauer Mustafa Celik hat ein weiteres Instrument entdeckt: Kinder kriegen. Aus Bewunderun­g für Staatschef Recep Erdogan hat er einem Agenturber­icht zufolge seiner neugeboren­en Tochter einen programmat­ischen Namen gegeben: „Evet“– „Ja“. Damit will er Wahlwerbun­g für das Präsidials­ystem machen. „Als wir den Namen des Babys wählten, haben wir an die Abstimmung am 16. April gedacht“, sagte Celik, der die Namenswahl als Aufforderu­ng an alle sehe, beim Referendum mit Ja zu stimmen – also für das Präsidials­ystem. Er habe Erdogan zugleich um einen Job gebeten.

Unklar ist, was Celik macht, wenn Erdogan ihm den Job verweigert. Möglicherw­eise heißt das nächste Kind dann „Hayir“– „Nein“. Insofern wäre eine Zwillingsg­eburt am praktischs­ten gewesen, womit die Familie einen Ja- und einen Neinsager gehabt hätte. Aber was macht so ein Name mit jemanden? „Ja“hat gewiss keine Probleme, später einen Mann zu finden, während Eltern den Namen „Nein“besser nur an Jungs vergeben, denen Renitenz und Verweigeru­ng eher nachgesehe­n wird. Ungewiss ist auch, ob sich Namen als politische­s Instrument durchsetze­n. In den USA ist derzeit vermutlich „Donald“der Renner unter Neunamen. Hält allerdings die Entwicklun­g an, dürfte sich vor „Donald“und auch noch vor „Jim“und „John“ein anderer Name an die Spitze setzen: „No“.

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FOTO: COLOURBOX Die Eltern des kleinen „Belki“(auf Deutsch: „vielleicht“) sind in Sachen türkisches Präsidials­ystem noch unentschie­den.

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