Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Streit um Yildirims Auftritt

Türkischer Ministerpr­äsident wirbt in Oberhausen

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (sal) - Scharfe Kritik aus allen Parteien gibt es an dem für Samstag in Oberhausen geplanten Auftritt des türkischen Ministerpr­äsidenten Binali Yildirim. Er will zwei Monate vor der Abstimmung in der Türkei in Deutschlan­d für das geplante Präsidials­ystem in der Türkei werben, das Präsident Erdogans Macht ausbaut. Die Linken fordern ein Verbot der Veranstalt­ung. Durch den Auftritt in Oberhausen „besteht die Gefahr, dass der innertürki­sche Konflikt darüber, in welche Richtung sich das Land entwickeln soll, nach Deutschlan­d getragen wird“, kritisiert auch der außenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Jürgen Hardt.

Grünen-Chef Cem Özdemir begrüßte in Berlin die Durchsuchu­ngen bei den Ditib-Verantwort­lichen in Deutschlan­d, die als Spitzel Erdogans verdächtig sind. „Die Zeit des Kuschelns mit Vertretern des türkischen Staates muss vorbei sein“, sagte Özdemir.

BERLIN - Wohl ist den deutschen Politikern nicht, wenn sie daran denken, dass am Wochenende der türkische Ministerpr­äsident Binali Yildirim in Oberhausen für die Verfassung­sänderung in der Türkei werben wird. Ein klares Verbot dieses Auftritts fordern die Linken. „Die Bundesregi­erung muss verhindern, dass die türkische Regierung Deutschlan­d für ihre Wahlkampfa­uftritte nutzt und zur weiteren Polarisier­ung und Desintegra­tion der türkischen Community beiträgt“, fordert Sevim Dagdelen, Sprecherin für Internatio­nale Beziehunge­n der Linken-Fraktion. GrünenChef Cem Özdemir (Foto: dpa) sieht die Sache genauso kritisch, er meint jedoch, es sei rechtlich schwierig, diese Veranstalt­ung zu verbieten.

Der Sprecher der Bundesregi­erung, Steffen Seibert, hatte am Tag zuvor gesagt: „Wir gehen davon aus, dass alle Beteiligte­n sicherstel­len werden, dass nicht innertürki­sche Konflikte auf deutschen Boden ausgetrage­n werden.“Das sei eine wohlfeile Antwort, kritisiert Özdemir, aber die Konflikte hätten Deutschlan­d längst erreicht. Cem Özdemir weiß, wovon er spricht. Er hat sich gerade in einem Brief an die Berliner Taxi-Innung beschwert, dass es jede akzeptable Grenze verletze, wenn er oder andere Beschimpfu­ngen, Beleidigun­gen und Bedrohunge­n jeglicher Art ausgesetzt sind, wenn sie Taxi fahren und auf türkische Fahrer treffen, was in Berlin die Regel ist.

Doch seit Özdemir die Armenien-Resolution des Bundestage­s, in der der Völkermord an Armeniern verurteilt wird, durchgeset­zt hat, gilt er vielen nationalis­tischen Türken als Verräter. Seine Kritik an Erdogan kommt hinzu. Cem Özdemir hat seitdem Personensc­hutz. FDP-Vize Wolfgang Kubicki ärgert sich, dass die Türkei eine Parallelge­sellschaft in Deutschlan­d etabliert habe. Auch Özdemir sagt: Erdogan versuche eine Parallelsy­stem aufzubauen, der Gift des Nationalis­mus und Fanatismus zeige Wirkung.

Mitte der Woche hatte die Bundesanwa­ltschaft Vertreter von Ditib-Verbänden durchsuche­n lassen. Vorausgega­ngen waren wochenlang­e Diskussion­en um Spitzeldie­nste von Imamen des türkischen Islam-Verbandes. Dabei wurde bei vier Imamen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Beweismate­rial sichergest­ellt, darunter Kommunikat­ionsmittel, Datenträge­r und schriftlic­he Unterlagen. „Menschen mit demokratis­cher Gesinnung und türkischer Herkunft dürfen keine Angst haben, ihre Meinung frei zu äußern", sagt Cem Özdemir. Der Grünen-Chef trat in Berlin zusammen mit Peter Pilz, grüner österreich­ischer Abgeordnet­er des Nationalra­ts und Sicherheit­ssprecher, vor die Presse. „Wir in Berlin und in Wien schützen unsere Türken vor Erdogan“, sagte Pilz.

Erdogan lasse rund um die Uhr Menschen in Österreich bespitzeln. „Wer sich in einem österreich­ischen Kaffeehaus negativ über Erdogan äußert, wird bei der Einreise in die Türkei verhaftet.“Ihm und auch Österreich­s Außenminis­ter seien mehrere Fälle bekannt. Deshalb habe man sich in Österreich vorgenomme­n, Erdogans Spitzelnet­z zu zerschlage­n.

Auch Cem Özdemir findet, dass es Zeit ist, den Handlanger­n Erdogans auf die Finger klopfen. „Die Zeit des Kuschelns mit Vertreten des türkischen Staates muss vorbei sein“, forderte Özdemir.

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