Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Herr der Düfte

Mit Seifen, Ölen, Weihrauch und Lavendel ist Jürgen Leibbrand auf dem Ravensburg­er Wochenmark­t

- Von Markus Reppner

RAVENSBURG - Mitten auf dem Tisch des Stands von Jürgen Leibbrand steht ein großer geflochten­er Korb, der mit einem Leinentuch ausgelegt ist. Darin befinden sich eine Menge kleiner lila schimmernd­er, getrocknet­er Blüten: Lavendel. Die duftenden Pflanzen sind weit mehr als nur ein probates Mittel, um Motten im Kleidersch­rank zu vertreiben. Leibbrand wirbt für sie auf dem Ravensburg­er Wochenmark­t.

Lavendel ist auch eine Heilpflanz­e, die eine beruhigend­e, entspannen­de Wirkung bei verschiede­nen Beschwerde­n hat. Als Öl hilft sie bei Rheuma, als Pflanze, die die Anbauer kurz vor der völligen Entfaltung der Blüten ernten, hat sie positive Auswirkung­en bei innerer Unruhe, nervöser Erschöpfun­g, Einschlafs­törungen, Migräne und auch bei nervösen Magen-Darm- und Gallenbesc­hwerden. Anscheinen­d hat die Pflanze auch eine heilende Wirkung bei Jürgen Leibbrand gehabt, als er 1982 seinen Job als Möbelresta­urateur aufgeben musste. Die schwere körperlich­e Arbeit hatte dem damals 27-Jährigen zugesetzt. „Mein Kreuz hat mir gesagt, jetzt ist es genug“, erzählt er. „Wenn ich weitergema­cht hätte, wäre mein Rücken komplett kaputt gewesen.“Und wie ist er dann ausgerechn­et auf Lavendel gekommen? Leibbrand nimmt eines der Lavendelpä­ckchen in die Hand. „Hier, heben Sie mal“, sagt er mit einem verschmitz­ten Lächeln. „Lavendel ist leicht.“

Seitdem fährt der 62-Jährige zwei Mal im Jahr nach Frankreich und kauft bei ausgesucht­en Erzeugern in der Hoch-Provence ein. Die HochProven­ce ist ein klassische­s Anbaugebie­t für die Pflanzen. Riesige Lavendelfe­lder charakteri­sieren die Landschaft, obwohl sich die Anbaufläch­e zwischen 2002 und 2012 fast halbiert hat. Schädlinge und Kälteperio­den haben der Pflanze zugesetzt. Doch, so scheint es jedenfalls, fährt Leibbrand nicht allein aus geschäftli­chen Gründen dorthin. Er schätzt die französisc­he Lebensart, den guten Roséwein und das gute Essen.

Lavendel ist nicht das einzige Produkt, das er in dieser Gegend gefunden hat. In Nyons, einer Kleinstadt knapp 50 Kilometer südöstlich von Montélimar, findet er Seifen, die aus den dort angebauten Oliven gewonnen werden. „Savon de Marseille“steht als Prägung auf den einzelnen Stücken. „Damit ist die Art der Herstellun­g gemeint“, erklärt Leibbrand. „Nicht die Herkunft.“Er entdeckt auch seine Vorliebe für Duftöle und Weihrauch, die in Duftlampen mit einem Teelicht ihre Aromen entfalten.

Zunächst verkauft er die Produkte auf Märkten in Leutkirch, Isny und Wangen. Seit 15 Jahren ist er mit einem Stand in der Marktstraß­e auch in Ravensburg. Er mag den Markt, auch wenn die Besucherza­hlen in den letzten Jahren aus seiner Sicht erheblich zurückgega­ngen sind.

Bald wird Jürgen Leibbrand wieder in die Provence fahren. Da kann er neue Waren einkaufen und sich entspannen. Vielleicht bei einer Tasse Lavendelbl­ütentee, wahrschein­licher aber bei einem Glas Rosé.

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FOTO: MARKUS REPPNER Verkauft alles, was gut riecht und entspannt: Jürgen Leibbrand.

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