Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Stadt führt Attestpflicht für Markthändler ein
Wer unentschuldigt auf dem Friedrichshafener Wochenmarkt fehlt, muss zahlen
FRIEDRICHSHAFEN - Eine neue Vorgabe der Stadt Friedrichshafen ist bei den Händlern auf dem Wochenmarkt umstritten. Bei der Vergabe der Stände für dieses Jahr hat die Behörde Strafzahlungen und andere Regeln zur zuverlässigen Teilnahme und Abmeldung aufgenommen. Einige Händler finden das in Ordnung, andere halten das für übertrieben. Die Stadt verteidigt die Maßnahme.
20 Euro je Markttag für unentschuldigtes Fehlen und im Krankheitsfall ist ein Attest vorzulegen, so sind die neuen Regeln. „Seit Längerem haben wir Schwierigkeiten mit einzelnen Marktbeschickern, die oftmals ohne Begründung und vor allem bei schlechtem Wetter nicht zuverlässig erschienen“, sagt Pressesprecherin Andrea Kreuzer. Es gäbe deshalb berechtigte Kritik von den Marktbesuchern wie auch von den Markthändlern, die dauerhaft auf den Märkten ihre Waren anbieten. Die Stadt will die Wochenmärkte mit einem konstanten Angebot präsentieren.
„Noch nie erlebt“„Ich bin in vielen Städten auf Wochenmärkten unterwegs, aber das habe ich noch nie erlebt. Noch nie hat ein Marktveranstalter einen gelben Schein von mir verlangt", sagt ein Marktbeschicker, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er könne zwar verstehen, dass die Stadt eine gleichbleibende Qualität der Wochenmärkte wolle, aber kritisiert dieses restriktive Vorgehen. „Die neue Regelung kam aus heiterem Himmel. Es hätte vorher eine Marktsitzung geben sollen, bei der so eine Veränderung besprochen wird. In anderen Städten wird auch vorab diskutiert“, berichtet der Markthändler.
Auch die Entschuldigungsgründe seien für ihn zu eng gefasst. „Die Hintergründe für das Fehlen sieht die Stadt vermutlich oft gar nicht. Im Sommer zum Beispiel kommen Landwirte zum Teil nicht, weil ihre Ware noch auf dem Feld ist oder sie auch andere Arbeit haben“, sagt der langjährige Marktbeschicker. Bestätigt wird das von anderen Händlern auf dem Wochenmarkt am Freitag.
Während große Händler über die Vorgaben wohl schmunzeln mögen, könnten vor allem kleine Händler mit keinem oder wenig Personal durch diese strikten Vorgaben verschreckt werden und sich ganz gegen den Wochenmarkt in Friedrichshafen entscheiden.
Für besondere Aufregung sorgte eine der Auflagen direkt zum Jahresanfang. Da hat die Stadt laut des Marktbeschickers vorab gefragt, wer zum Markt vor Dreikönig kommen werde, und sich dies schriftlich bestätigen lassen. Von den rund 15 zugesagten Teilnehmern seien dann aber nur etwa fünf erschienen. Auch in dem Fall werden Händler zur Kasse gebeten: „Erfolgt an einem solchen Tag keine Teilnahme trotz schriftlicher Bestätigung, wird aufgrund Zuwiderhandlung der Zulassung ein Betrag von 50 Euro fällig“, heißt es in der Vorschrift der Stadtverwaltung. Der Markthändler bemängelt: „Die Stadt hat aber gar nicht informiert, ob der Markt wegen des Feiertages nun am Donnerstag stattfinden wird.“
Auch andere Händler sind irritiert über diese Regeln, über die man vorher nicht informiert worden sei. „Es ist schon ein schlechtes Bild, wenn über Wochen ein Händler einfach nicht erscheint“, sagt eine Kollegin und zeigt auf einen leeren Platz. Ein anderer schüttelt den Kopf. Das interessiere ihn wenig, weil er immer da sei und alles möglich mache, um in Friedrichshafen auf dem Markt zu stehen.
Bereits in den vergangenen Jahren enthielt die Zulassung, die die Marktbeschicker erhalten, die Information, dass diese Zulassung widerrufen werden kann, wenn der Standbetreiber seinen Standplatz mehrfach nicht nutzt, sprich nicht anwesend ist. „Wir sehen deshalb die Formulierung in der Erlaubnis als Hinweis. Der Entzug der Zulassung wäre ein viel schärferes Mittel“, so die Stadt. „Wir werden den Abschnitt in der Zulassung dahingehend überarbeiten, dass deutlich wird, dass die Markthändler regelmäßig ihre Waren auf dem Markt anbieten. Die Marktordnung gilt für die Wochenmärkte und den Schlemmermarkt“, schreibt die Pressesprecherin. Laut der Standerlaubnis für Markthändler, die der SZ vorliegt, müssen die Teilnehmer ab diesem Jahr ihr Fehlen vorab ankündigen. „Der Wochenmarkt soll den Besuchern eine gleichbleibende Qualität und Quantität bieten. (...) Im Falle einer Verhinderung ist dies rechtzeitig, spätestens eine Woche vor dem jeweiligen Markt, dem Verantwortlichen für Märkte und Veranstaltungen oder dessen Vertretung schriftlich mitzuteilen. Von dieser Frist kann abgewichen werden, wenn ein unvorhersehbarer Grund ursächlich ist“, schreibt die Stadt. Als Beispiele nennt die Stadt Erkrankung und Sterbefall. Eine Entschuldigung für das Fehlen auf dem Markt greife nur bei triftigem Grund wie frühzeitiger Anmeldung von Urlaub, vollständigen Ernteausfällen oder Krankheit, die mit einem ärztlichen Attest nachzuweisen sei. Witterung, insbesondere Regen oder die Erkrankung einzelner Mitarbeiter, welche nicht den vollständigen Geschäftsausfall zur Folge haben, gelten explizit nicht als Entschuldigungsgrund. „Aufgrund verschiedener Vorfälle in den vergangenen Jahren wird ein unentschuldigtes Fehlen mit 20 Euro je Markttag in Rechnung gestellt“, heißt es in dem Schreiben der Stadt.