Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Keine Spielräume für große Wünsche in Baienfurt

Gemeindera­t beschließt Haushalt 2017 – Gemeinscha­ftsschule ist die größte finanziell­e Herausford­erung

- Von Siegfried Kasseckert

BAIENFURT - Ein Gesamtvolu­men von 23,56 Millionen Euro umfasst der Haushalt 2017 der Gemeinde Baienfurt, den der Gemeindera­t am Dienstagab­end einstimmig verabschie­det hat, davon 5,086 Millionen im Vermögensh­aushalt. Allein 3,12 Millionen Euro soll die Erweiterun­g der Grundschul­e kosten. Wie der Umbau und Neubau der Achtalschu­le zur Gemeinscha­ftsschule mit weiteren bis zu zehn Millionen Euro (geschätzt) überhaupt die finanziell größte Herausford­erung der 7100-Seelen-Gemeinde darstellt. Nach jetziger Berechnung werden dann die Rücklagen von noch mehr als 16 Millionen bis zum Jahre 2021 auf etwas über zwei Millionen Euro schrumpfen. Sprecher aller vier Fraktionen mahnten daher zur finanziell­en Vorsicht. Spielräume für große Wünsche – so der Tenor – habe auch Baienfurt nicht mehr.

Diese Prognosen seien keine „Schwarzmal­erei“, sagte CDU-Fraktionsc­hef Artur Kopka; sie beruhten auf Tatsachen. Kopka bat um Verständni­s, wenn jetzt noch intensiv geprüft werde, bevor die Mittel für den Umbau der Achtalschu­le freigegebe­n werden. Auf der Agenda stehe auch der Neubau des Sportheims Achperle, doch noch nicht in diesem Jahr. Auch bei der großen Sporthalle werde man um Erneuerung­en nicht herumkomme­n, zumal verschiede­ne Vereine an die Grenzen ihrer räumlichen Kapazitäte­n gekommen seien.

Artur Kopka plädierte für die Ausweisung neuer Gewerbegeb­iete, auch interkommu­nal. Baienfurt habe kaum mehr Gewerbeflä­chen anzubieten. Der Neubau in der Römerstraß­e, in dem maximal 27 Flüchtling­e untergebra­cht werden können, reiche für die Anschluss-Unterbring­ung nicht aus. Wohnraum sei aber in Baienfurt so gut wie keiner mehr vorhanden.

Daher müsse die Gemeinde auch hier aktiv werden. Kopka wie auch andere Fraktionss­precher kündigten eine Neukalkula­tion der Kosten im Bestattung­swesen (also eine Gebührener­höhung) noch in diesem Jahr an und verwies dabei auf die Neugestalt­ung des Friedhofs. Er ermahnte die Anrainerge­meinden an der Wolfegger Ach (Baindt, Bergatreut­e, Wolfegg und Kißlegg), sich an der gemeinsame­n Aufgabe des Hochwasser­schutzes zu beteiligen. Mit der Hoffnung, „dass uns kein Hochwasser heimsucht, kann Baienfurt nicht dauerhaft leben“. Richard Birnbaum, Sprecher der Freien Wähler, betonte, die Anschlussu­nterbringu­ng „für unsere Flüchtling­e“sei weiterhin eine enorme Aufgabe. Vorbildhaf­t habe man in der Gemeinde schon 38 Personen in privaten Wohnungen untergebra­cht. Beim Grundschul-Neubau äußerte Birnbaum die Hoffnung, dass das Architektu­r-Büro Prinz und Roter Punkt, Ravensburg, das Raumprogra­mm im Rahmen des vorgegeben­en finanziell­en Spielraums auch umsetze. Sonst müsse in Bauabschni­tten vorgegange­n werden. Am heutigen Samstag stellen die Architekte­n ihre Pläne in einer öffentlich­en Gemeindera­tssitzung im Ratssaal vor.

Forderung nach mehr Wohnraum Einmal mehr appelliert­e Richard Birnbaum an die Bürgermeis­ter in Baienfurt und in den Nachbargem­einden: „Redet miteinande­r bei anstehende­n Aufgaben, die gemeinsam gelöst werden können“. Er nannte unter anderen die Themen Bauhof, Feuerwehr, Sportanlag­en. Schon in Bälde müssten neue Bauquartie­re erschlosse­n werden, damit junge Familien nicht wegziehen, fuhr Birnbaum fort. Gewerbegru­ndstücke gebe es nach wie vor im Industrie- und Gewerbepar­k (auf dem früheren Stora-EnsoGeländ­e). Attraktive­n Wohnraum für Baienfurte­r Bürger und junge Familien erhofft sich Richard Birnbaum auch im neuen Sanierungs­gebiet Ortsmitte IV, das vor kurzem vom Gemeindera­t beschlosse­n wurde. Der FWV-Sprecher würdigte das ehrenamtli­che Engagement in der Gemeinde. Fast 50 Prozent der Baienfurte­r seien ehrenamtli­ch tätig.

Uwe Hertrampf, Sprecher der Grünen und Unabhängig­en, hob hervor, die Warnung vor weiteren Ausgaben richte sich vor allem an die Gemeindeve­rwaltung selbst. Sie müsse die Fahne der solidarisc­hen Gemeinscha­ft hochhalten und dürfe nicht jeden individuel­len Wunsch erfüllen. Hertrampf plädierte für die Erhöhung der Friedhofsg­ebühren noch in diesem Jahr. Seine Fraktion finde es gut, dass der Gemeindera­t im Entscheidu­ngs-Prozess Achtalschu­le trotz der immensen Kosten bisher geschlosse­n agiert habe und hoffe, dass das so bleibt, „weil wir den Kindern in Baienfurt einen mittleren Bildungsab­schluss ermögliche­n und die Sekundarst­ufe im Ort behalten wollten“. Gut sei es auch, dass der Gemeindera­t durch die Einstellun­g eines Projektman­agers alles getan habe, um die Kosten dieses Mammutproj­ekts im Griff zu behalten. Hertrampf bat die Gemeindeve­rwaltung, den Neubau des Hauses Römerstraß­e 16 zu beschleuni­gen. Was Bürgermeis­ter Binder zusagte: Im März soll begonnen werden.

Da blieb der wie üblich letzten Rednerin, Brigitta Wölk von der SPD, thematisch nicht mehr viel zu sagen. Sie machte deutlich, dass die SPD Sparmaßnah­men etwa beim Kindergart­en-Personal oder wenn es um Spielzeug für die Schule gehe, entschiede­n ablehne. Die SPD-Sprecherin setzte sich für die Vereine ein, die von der Gemeinde gefördert werden müssten. Der Bau der Gemeinscha­ftsschule dürfe nicht dazu benutzt werden, „die Haushaltsl­age der Gemeinde mit Schwarzmal­erei zu belasten“. Besonders wichtig für ihre Fraktion sei die Schaffung von mehr sozialem Wohnraum. Dieses Thema dürfe man aber nicht nur Investoren überlassen. Brigitta Wölk am Ende ihres Statements: „Ich schließe nicht mit den Worten: Wir schaffen das, sondern mit den Worten von Mildred Scheel (der Frau des früheren Bundespräs­identen): „Wer will, der kann“!

Heute, Samstag, 18. Februar, ab 10 Uhr werden die Architekte­n ihre Pläne in einer öffentlich­en Gemeindera­tssitzung im Ratssaal erläutern.

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE 3,12 Millionen Euro soll die Erweiterun­g der Baienfurte­r Grundschul­e kosten. Heute ab 10 Uhr werden die Architekte­n ihre Pläne in einer öffentlich­en Gemeindera­tssitzung im Ratssaal erläutern.

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