Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
(W)eingeschenkt:
Experte Joachim Klink empfiehlt heute den Beaujolais. der Häuser im Bregenzerwald und Montafon als Grundlage. Bauen sollte nachhaltig sein, die Formensprache klar. Nicht jedem gefiel dies. Kritiker sprachen von „Holzkistchenbauweise“. Doch der Architekturstil setzte sich nicht nur durch, er entwickelte sich auch weiter.
Dies lässt sich auf dem Nebelhorn sehen. Kein geometrischer Holzklotz. Mit seinen Kurven schmiegt sich das Gipfelrestaurant an die Felsen unterhalb des Gipfelkreuzes. „Es soll sich in seine Umgebung einfügen“, erklärt Architekt Kaufmann. Bei einem Berg müsse eben der Gipfel „richtungsweisend“sein. Kaufmann betont, dass aber auch bei diesem Bau „die klare Linienführung“des Vorarlberger Stils beibehalten worden sei. Dies gilt ebenso für die Nüchternheit des Restaurants sowie die sorgfältige handwerkliche Ausführung – ein weiteres Kennzeichen dieses Architekturstils.
Für solch bewegte Bauformen aus der Vorarlberger Schule gibt es auch im Bodenseehinterland bei Tettnang ein Beispiel. Dort steht im Wald ein vergangenes Jahr fertig gewordenes Forstbetriebsgebäude. Es ähnelt einer schindelgedeckten Kapelle – oder auch einem Hexenhäuschen. Das geschwungene Satteldach zieht sich mit dem hoch hinausragenden Kamin nicht mittig empor, sondern leicht versetzt. Baumaterial war in erster Linie das Holz der örtlich wachsenden Weißtanne.
Gelungene Holzbauten Neben dem Nebelhorn-Restaurant ist das inzwischen für mehrere Preise vorgeschlagene Forsthaus eines der seltenen Gebäude im Vorarlberger Stil, die in jüngerer Zeit auf deutscher Seite entstanden sind. Die zuständige Forstverwaltung des Bodenseekreises betonte zur Einweihung, man habe eine prägende Architektur gewollt, die auf einer „qualitativ sehr hochstehenden Holzbauweise beruht“. Auf der Suche nach geeigneten Architekten waren die Förster in die Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz gelangt – und dort wiederum ins Büro von Elmar Ludescher und Philipp Lutz.
Die Beiden hatten kurz zuvor beim Bodenseedorf Wasserburg ein prämiertes Weingut entworfen. Kellermeister Sebastian Schmidt sagt, dass auch seine Familie eine Architektur gesucht habe, die „behutsam berücksichtigt, wie ein Gebäude in die Landschaft passt“. Ähnliche Vorstellungen gab es zudem bei der Suche nach einem Architekten für den 2014 abgeschlossenen Neubau des Comturey-Restaurants auf der Bodensee-Blumeninsel Mainau. Wieder stießen die Bauherren bei der Ausschreibung auf einen Vorarlberger. „Die Gesamtarchitektur ordnet sich auch dank der Holzfassade dem Mainau-Schloss und dem historischen Comturey-Turm im Rücken dezent unter“, sagt Björn Graf Bernadotte, der gemeinsam mit seiner Schwester Bettina die Mainau GmbH leitet.
Comturey-Architekt Matthias Hein wurde seinerzeit gefragt, was den Erfolg der Bauschule ausmache. Seine Antwort: Neben all den stilistischen Elementen eben auch die engmaschige Architekten-Struktur im überschaubaren Vorarlberg. Da könnte etwas dran sein. Die Szene kennt sich. Man diskutiert und spornt sich gegenseitig an. Gelungenes gilt als Vorbild. Womöglich ist dies auch beim Nebelhorn-Restaurant der Fall. Zumindest die Oberstdorfer haben bereits einen ganz besonderen Blick darauf: Der Volksmund spricht liebevoll von der „kleinen Elphi“. In einem scherzhaft gemeinten Anfall von Größenwahn soll so eine Parallele zur fast gleichzeitig fertig gewordenen Elbphilharmonie in Hamburg gezogen werden.