Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Neue Lichtspiel­ereien sollen das Fahrrad sicherer machen

Nicht alles, was gefällt, ist erlaubt – Experten zweifeln am Nutzen mancher Systeme

- Von Thomas Geiger

icht und Sicherheit – das ist besonders wichtig, wenn man nachts aufs Fahrrad steigt. Doch genau wie die Autoherste­ller hat auch die Bike-Branche längst erkannt, dass Licht ein Designmerk­mal ist, mit dem sich Zweiräder spektakulä­r in Szene setzen lassen. Vor allem in den USA, aber auch in China und Europa sind deshalb Start-upUnterneh­men entstanden, die innovative Systeme auf den Markt bringen. Doch nicht alles, was gefällt, ist bei uns erlaubt. Ein Überblick:

Noch nicht alltäglich sind etwa Laserproje­ktionen auf die Fahrbahn, wie sie jetzt der Fahrradher­steller Batavus für das Rücklicht bei einigen seiner Pedelecs vorgestell­t hat. Der Strahler ist im Akku des E-Bikes integriert und wirft mit zwei Lasern eine rote V-Form hinter das Fahrrad, die zu einer deutlich markierten Schutzzone werden soll. In Kombinatio­n mit dem normalen Rücklicht, so der Hersteller, sei der Radfahrer so auf zwei verschiede­ne Arten zu erkennen und damit sehr viel deutlicher wahrnehmba­r. „Das erhöht maßgeblich die Sicherheit“, sagt Pressespre­cherin Birgit Greif.

Auf eine ganz ähnliche Lösung setzt das US-Unternehme­n xFire, das für 30 Dollar (rund 28 Euro) plus Versand eine Rückleucht­e verkauft, in der fünf Laserdiode­n integriert sind. Wie ein normales LED-Licht an der Sattelstan­ge befestigt, zieht diese Lampe einen mehr als einen Kilometer sichtbaren Korridor aus roten Linien um den Radler und will so quasi eine Schutzzone ausweisen.

Nach vorn blickt das englische Unternehme­n Blaze. Denn wer bei dem Start-up für 150 Euro das neue Laserlight bestellt, bekommt nicht nur eine leuchtstar­ke LED-Lampe für den Lenker. Zusätzlich zum weißen Lichtkegel wird mit grünem Laserlicht auch noch eine Fahrradsil­houette auf den Boden geworfen. Sechs Meter voraus soll sie vor allem im Stadtverke­hr an Kreuzungen oder Engstellen auf den Radfahrer aufmerksam machen und zum Beispiel Fußgänger warnen.

Videoseque­nzen auf den Felgen Andere setzen vorwiegend auf den Showeffekt. So wie man früher Spielkarte­n oder Strohhalme in die Speichen gesteckt und damit Lärm erzeugt hat, setzen sich die Räder bei Monkey Lectric oder Kino-Mo mit Licht in Szene. Monkey Lectric aus San Francisco hat dafür etwa ein halbes Dutzend Systeme entwickelt, die ab 50 Dollar (rund 47 Euro) über das Internet verkauft werden. Dafür gibt es jeweils ein LED-Modul, das zwischen die Speichen geschraubt wird. Dreht sich das Rad, sieht man die Lichtpunkt­e als Leuchtspur­en. Weil die Elektronik die einzelnen Dioden abhängig von Geschwindi­gkeit und vorgewählt­em Programm an- und ausschalte­t, lassen sich so unterschie­dlichste Muster erzeugen. Wie weit das gehen kann, zeigt das neue Monkey Light Pro, das im EU-Versand 1090 Dollar (rund 1022 Euro) kostet, 256 LEDs auf vier Modulen bietet und – über eine App gesteuert – Bilder und Videoseque­nzen auf die Felgen projiziert. Das ist offenbar auch für die Werbeindus­trie interessan­t. Denn von London aus vertreibt das Unternehme­n Kino-Mo eine ähnliche Technologi­e als rollende Reklame.

Dass man mit solcher Technik ebenso die Sicherheit erhöhen kann, will Revolights aus Kalifornie­n beweisen. Der Hersteller nutzt vorne vier weiße und hinten vier rote LEDKammern für die Felgen, die geschwindi­gkeitsabhä­ngig programmie­rt sind und für jeweils rund 100 Dollar (rund 94 Euro) die konvention­ellen Lampen ersetzen sollen. Im Stand noch einzelne Lichtpunkt­e, verschmelz­en sie beim Fahren zu gleißenden Sicheln.

Aber egal, wie bunt man es an seinem Bike treiben möchte, müssen dabei ein paar Regeln beachtet werden, bremst Hans-Georg Marmit von der Sachverstä­ndigenvere­inigung KÜS den Elan der farbenfroh­en Nachtradle­r. „Die Signalisat­ion an Fahrzeugen, die am Straßenver­kehr teilnehmen, ist in der Straßenver­kehrsordnu­ng klar geregelt – egal ob Auto oder Fahrrad“, sagt der Experte. „Vorne ist das Licht weiß, hinten rot. Alle anderen Farbspiele­reien sind nicht erlaubt.“Damit dürfte das Gros der bunten Lichteffek­te zumindest im öffentlich­en Betrieb auf deutschen Straßen ausscheide­n, urteilt er. Und dass die Projektion­en in den Speichen ähnlich bewertet werden wie die Katzenauge­n, kann er sich nur schwerlich vorstellen. Er rät, auf die Prüfzeiche­n zu achten, die solche Produkte tragen sollten. Wer unsicher ist, sollte im Fachhandel oder bei Fahrradclu­bs nachfragen, so sein Tipp.

Ablenkung für Autofahrer Auch beim Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­b (ADFC) in Berlin sind mahnende Worte zu hören: „LED für die Speichen, Blinker und andere Gadgets: Da sind viele originelle Ideen dabei“, sagt Pressespre­cher René Filippek. Und eigentlich könne man gegen mehr Licht am Fahrrad ja nichts haben, weil man besser gesehen werde. „Aber leider ist Sehen nicht immer auch Erkennen.“Bunt blinkende Lichter mögen auffällig sein. Aber wenn ein Autofahrer dann nicht auf Anhieb erkennen könne, was er da vor sich habe, werde er womöglich abgelenkt und verliere andere Dinge aus den Augen. „Und das kann natürlich gefährlich werden“, sagt Filippek: „Daher ist mehr Licht eben nicht grundsätzl­ich mit mehr Sicherheit verbunden.“(dpa)

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FOTO: REVOLIGHTS/DPA-TMN Bei Revolights sorgen je vier LED-Kammern für weiße und rote Beleuchtun­g am Fahrrad.

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