Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Spätestens 2018 ist das Gewerbegebiet Erlen dicht
Ravensburger Stadtverwaltung klopft ab, welche Flächen sich erweitern lassen – Verschiedene Interessen sollen unter einen Hut
RAVENSBURG - Seit sechs Jahren kommen in Ravensburg jährlich 1000 sozialsteuerpflichtige Jobs dazu – 35 000 sind es momentan insgesamt auf der Gemarkung. Die hiesigen Firmen laufen wie geschmiert, und viele wollen sich ausdehnen. Allein: Der Platz ist begrenzt. Sehr begrenzt. Die Gewerbeflächen in Ravensburg gehen zur Neige. Darum ist die Stadtverwaltung fieberhaft dran, alle Möglichkeiten für Erweiterungsareale auszuloten. Der neue Flächennutzungsplan steht allerdings frühestens im Jahr 2021.
Platz für drei bis vier Firmen Die bestehenden Gewerbegebiete sind mehr oder weniger voll. Selbst in Erlen an der B 33 Richtung Bavendorf, dessen 24 Hektar eigentlich bis 2020 reichen sollten, ist der Vorrat nahezu aufgebraucht. Sofern die Unternehmen, die sich dort bereits angesiedelt haben, auf ihre reservierten Anteile zurückgreifen, sind nur noch 1,1 Hektar frei. Maximal sei also noch Platz für drei bis vier neue Firmen, wie Ravensburgs Baubürgermeister Dirk Bastin ausführt. Spätestens Ende 2018 ist Erlen dann dicht. Auch Karrer und Mariatal sind belegt.
Problematische Hanglage Der Segen einer prosperierenden Region sei gleichzeitig ein Fluch, sagt Bastin. Dass sich in und um Ravensburg herum so viele Firmen ansiedeln und Menschen leben wollen, habe auch eine Kehrseite: „Der Bedarf potenziert sich.“Bis 2030 haben die hiesigen Unternehmen einen Flächenmehrbedarf von 60 Hektar angemeldet. Doch im Osten der Gemarkung schieben Hanglage und Wald weiteren Gewerbeansiedlungen schon mal einen Riegel vor.
Hinzu kommt, dass sich der Ruf nach Expansion und mehr Arbeitsplätzen häufig nicht so einfach mit dem Naturschutz und der Erhaltung des Landschaftsbildes unter einen Hut bringen lässt. „Diese Diskussion wird künftig mit noch mehr Schärfe ausgetragen werden“, unkt der Baubürgermeister. Und macht deutlich, dass Lösungen nicht mal eben so flugs zu haben sind, wie sich das mancher Lokalpolitiker vielleicht wünschen würde.
Eins jedenfalls steht fest: „Auf der grünen Wiese wird es in absehbarer Zeit kein neues Gewerbegebiet geben.“Stattdessen klopft die Stadtverwaltung ab, in welchen bereits bestehenden Gewerbegebieten man Nachverdichtungspotenzial herausschlagen könnte – etwa indem man Parkplätze in Parkdecks verlegt und die frei werdenden Flächen für Neubauten nutzt. Auch in Sachen Gebäudehöhen will die Verwaltung sich künftig offenbar flexibler zeigen. Generell rechnet Bastin damit, dass es insgesamt ein Potenzial von 16 Hektar an innerstädtischen Konversionsflächen gibt oder diese sich auftun. Letztlich hält er es gar nicht für allzu tragisch, wenn die Stadt nicht viele attraktive freie Gewerbegebiete in petto hat – weil dies die Chance eröffne, auch Bestandsflächen an den Mann zu bringen. Auch wenn sie aufgrund von Altbauten und gegebenenfalls Altlasten nicht ganz so einfach zu entwickeln sind, wie Bastin weiß.
Parallel wird geprüft, welche Gewerbegebiete erweiterungsfähig sind – sprich: Die Stadt schaut, wo sie Grundstücke erwerben kann und wie es in den jeweiligen Gebieten um den Artenschutz bestellt ist. In Erlen beispielsweise hatte sich seinerzeit die Feldlerche als Konkurrenz zur Gewerbeansiedlung erwiesen. Auch muss jeweils ein Abstand von 30 Metern zum Wald eingehalten werden. Dennoch könnte man hier in der näheren Umgebung Potenzial für weitere 25 Hektar Gewerbeflächen ausmachen.
In Karrer könnten weitere zehn bis zwölf Hektar herausspringen, auch in Okatreute bei Schmalegg gibt es wohl noch Spielraum für eine Handvoll Hektar, ebenso in Mariatal. Wobei es in Mariatal knifflig ist, denn in unmittelbarer Nähe zur Schussen gilt der Naturraum inklusive Feuchtwald als äußerst wertvoll.
Nichts übers Knie brechen Allerdings stellt Bastin klar, dass noch längst nichts fest steht und all dies „ein Abwägungsprozess“sei, den man nicht übers Knie brechen könne. Nicht zuletzt ist die Stadt mit der Fortschreibung ihres Flächennutzungsplans, in dem auch die Gewerbeflächen ausgewiesen werden, abhängig vom Regionalverband. Und der dürfte erst 2019 seinen neuen Regionalplan – die Basis des Flächennutzungsplans – vorlegen. Derweil schauen sich die Ravensburger auch im Südwesten und im Norden um. Auf dass sich vielleicht in Baindt oder Baienfurt ein interkommunales Gewerbegebiet auftut. Schließlich, so Bastin, gehe es in Sachen Gewerbegebiete auch darum zu schauen, „was macht im gesamten Siedlungsgebiet Sinn“.
Insgesamt haben sich im Gewerbegebiet Erlen mittlerweile 14 Unternehmen angesiedelt – unter anderem Vetter Pharma, BMW-Auer, Föhr Event-Hangar, Schulz Group, Adsano, Stahlgruber, Dallmayr, Riedmayer, Ixxat, SEW Technologiezentrum und zuletzt Scherzer Systeme GmbH und Energas BHKW GmbH. Demnächst zieht die Printum GmbH dorthin, die AGR-Steuerberatung baut gerade ihr neues Gebäude. Auch die W. & L. Jordan GmbH hat sich Erlen als neuen Standort ausgeguckt.