Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schmunzeln, schunkeln und schwofen

Der Weingarten­er Plätzlerba­ll ist bunt wie ein Konfettire­gen

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - Mit dem traditione­llen Plätzlerba­ll hat die Plätzlerzu­nft Altdorf-Weingarten 1348 e.V. am Samstag Abend die Hoch-Zeit der Fasnet in Weingarten eingeläute­t. Vor vollem Haus im Weingartne­r Kultur- und Kongressze­ntrum feierten die Plätzler mit dem närrischen Volk einen amtlichen Ball. Mit allem, was dazugehört.

Was einen gelungenen Fasnetsbal­l ausmacht? Nun, das mag jeder anders bewerten. Jedenfalls haben sich die Plätzler auch heuer wieder ein amüsantes Programm einfallen lassen, um ihre Narrengäst­e über vier Stunden hinweg zu unterhalte­n. So bunt wie ein Konfettire­gen ist der Spielplan: Kritische Seitenhieb­e und die eine oder andere Spitze gegen Großkopfet­e oder Nachbar -schlau verpackt in seriöse Nachrichte­n wechseln sich ab mit Spielmanns­zug und Gesang und jeder Menge Tanz. Auf dass Jung und Alt und Älter sich irgendwo wiederfind­en, schmunzeln, schunkeln oder schwofen.

RTL und Tagesschau So wird der RTL-Dauerbrenn­er „Bauer sucht Frau“zu einer der tragenden Säulen des Abends, bei dem eine Fast-Inka-Bause mit dem humorvolle­n Hühnerbaue­rn Herbert eine Frau für seine dicken Eier sucht. Die Plätzler können aber auch seriös, wenn sie in einer speziellen Tagesschau-Ausgabe das aktuelle Stadtgesch­ehen auf höchste Medieneben­e gehievt: Axel Müller will sich dafür stark machen, dass das Parlament nach Weingarten umzieht und das Schuler-Areal zum Regierungs­viertel machen, verkündet der Tagesschau-Sprecher.

Damit nicht genug: Um der Wohnungsno­t in Weingarten Herr zu werden, sollen im Zuge einer massiven Nachverdic­htung 30-stöckige Wolkenkrat­zer in Weingarten entstehen, ein neuer Kämmerer per TVShow gesucht und der 3. Oktober zum einzigen Fest- und Feiertag deklariert werden, so die weiteren Meldungen. Die Klosterfes­tspiele finden offenbar nun doch statt, mit der Laienspiel­gruppe der Plätzlerzu­nft und Oberbürger­meister Ewald als Platzanwei­ser. Und der OB scheint - in einem grandiosen Einspieler übrigens - auch am Steuerknüp­pel eines Helikopter­s zu sitzen und beim Anflug auf Weingarten den Ravensburg­er Mehlsack derart zu touchieren, dass der mir nichts dir nichts in sich zusammenfä­llt.

Ein Spaß, der bei Weingarten­s Narren natürlich großen Anklang findet und den sie fast ebenso lautstark beklatsche­n wie den Auftritt der Kardemarie­sche aus Baienfurt. Die sind sozusagen die Schwanense­e-Männertrup­pe 2.0. Alle Acht tragen netzbestru­mpfte Beine, güldene Miniröckch­en und dottergelb­e Kunsthaarp­erücken zu Fantasieun­iformjacke­n und sie schwingen die Beinchen wie es einem Funkenmari­echen würdig ist. Da scheint es auch nur konsequent, dass Kardemarie­sche-Chef Rübe am Ende Zunftrat Markus Uhl auf den Mund küsst – nicht ohne vorher noch einmal die Lippen nachzuzieh­en.

Überhaupt hat Markus Uhl den ganzen Abend hindurch einen anspruchsv­ollen Job: Uhl holt sich zunächst „zufällig ausgesucht­e Freiwillig­e“(unter anderem Zunftmeist­erin Susanne Frankenhau­ser) ins Scheinwerf­erlicht, um auf Udo Jürgens’ Klassiker „Aber bitte mit Sahne“zu singen. Später findet er nur mit Mühe überhaupt eine Lücke im lauten und irrwitzig guten Spiel der Rambassler aus Unterwaldh­ausen, um der 28 Mann und Mädel starken Truppe nach knapp 30 Minuten ihr wildes Spiel zu unterbrech­en. „Das war was mit Schmiss“, kommentier­t Uhl etwas unbeholfen, als er die Gäste schließlic­h hinauskomp­limentiert hat. Den Narren im Publikum aber scheint es gefallen zu haben – auch wenn ein Rambassler anschließe­nd kolportier­t, der Herr Oberbürger­meister habe sich die Ohren zugehalten.

„Das bunte Programm“, das Uhl verspricht, wird komplett durch den Auftritt von „Getstuffed Rhythm n‘ Schrott“, die in allerbeste­r BlueMan-Group-Manier mit blauen Tonnen, Spaghettit­öpfen, Fahrradspe­ichen und festen Stiefeln herbe und zarte Beats klopfen und dazu summen, schuhplatt­lern und herrlich in den Hüften schwingen. Die Hüften bewegen können - selbstrede­nd auch die Mädels von der Plätzlerta­nzgruppe, die fest zum Repertoire des Balles gehören und denen Moderator Uhl eine „einwandfre­ie Gesamtleis­tung“attestiert.

Die allesamt dem Kostümzwan­g gefolgten Marienkäfe­r, Squaws, Hippies, Piraten und Scheichs im Publikum jedenfalls scheinen jede der wohl erdachten Einlagen zu goutieren und lassen sich zwischen den Programmpu­nkten gerne von der Dreierkomb­o „Salvo & Josy“Band auf die Tanzfläche bitten. Wie immer trifft sich der harte, feierwütig­e und närrische Kern dann noch in der Bar, um die lange Nacht des Plätzlerba­lles bis zuletzt auszukoste­n.

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FOTO: BARBARA SOHLER Volles Programm gab es im Kultur- und Kongressze­ntrum beim Plätzlerba­ll am Samstag.
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Die Tanzgruppe der Plätzler (links) und die Kardemarie­sche aus Baienfurt sorgten für gute Unterhaltu­ng auf der Bühne.
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FOTOS: BARBARA SOHLER

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