Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Vater des Heimatfestes wird 90
Reinhold Knor hat das Leben Fronhofens als Politiker und Förster mitgeprägt
FRONREUTE – Zwölf Jahre sind ein Klacks angesichts der 1174 Jahre, die seit der ersten urkundlichen Erwähnung Fronhofens ins Land gegangen sind. Jedoch ist die Zeit von 1968 bis 1980 diejenige, welche die jüngste Geschichte am deutlichsten prägte. Und Reinhold Knor hat daran wesentlich mitgewirkt. Heute wird der Forstmann und Kommunalpolitiker 90 Jahre alt.
Reinhold Knor ist ein Kind der Kriegsgeneration. Als 17-Jähriger wurde er von der Schule weg einberufen. Spricht er über seine Jugendjahre, so ist auch die Rede vom FlakEinsatz in Friedrichshafen, der Angst, wenn Flieger zum Angriff über Raderach donnerten, von Militäreinsätzen in der Tschechei, Kiegswirren und letztlich dem Glück, unversehrt und auf abenteuerlichen Wegen durch die Besatzungszonen wieder gesund nach Hause zurückgekehrt zu sein. Zurück ins Forsthaus von Bettenreute, wo damals sein Vater noch Herr im Revier war. Dessen Nachfolge trat Sohn Reinhold 1951 an.
Dabei war Förster nicht sein Traumberuf. „Eigentlich hätte ich Lufthansa-Pilot werden wollen“, sagt Reinhold Knor. Doch wie vieles andere war zu dieser Zeit auch die deutsche Luftfahrt am Boden, und er wurde nach Ausbildung und diversen Anstellungen in Schwarzwaldrevieren Förster in Bettenreute-Fronhofen. Und blieb dies bis 1991. Trotz mehrerer Abwerbeversuche hatte er nur zweimal ernsthaft ans Wegziehen gedacht: Inzwischen war er verheiratet, und der Ruf nach Freiburg schien ihm wegen seiner Kinder der besseren Schulmöglichkeiten und immer noch schlechten Busverbindungen von Fronhofen nach Ravensburg attraktiv; das andere Mal war es ein Forstprojekt in Kabul. Doch die Familie wollte bleiben.
Und so betreute Reinhold Knor weiterhin hier den Staatswald und die Staatsjagd, war aber auch Ansprechpartner für die Privatwaldbesitzer und in Jagdbelangen. Wie vieles andere, war auch der Forst Veränderungen unterworfen und Knor mit neuen Aufgaben betraut. War in den 60er-Jahren doch der Beginn der ökologischen Forstökonomie. Die Entwicklung ging vom Fichten- zum Misch- und Laubwald, Naturschutz und Erholungslandschaft spielten zunehmend eine Rolle. Und Reinhold Knor erzählt vom ersten Bannwald in der Region im Rinkenburgtobel bei Schmalegg, vom Beginn der Wiedervernässung im PfrungerBurgweiler-Ried und vom Jugendzeltlager im Naturschutzgebiet Adelmühle – alle drei in seinem ehemaligen Zuständigkeitsbereich und alle drei heute beliebte Freizeitattraktionen. Wobei er in die Adelmühle weit mehr Zeit investierte, als es sein dienstlicher Einsatz erforderte und den Ferienkindern dort bei unzähligen Waldführungen Liebe und Respekt für die Natur zu vermitteln versuchte.
Knors Aktivitäten schlugen sich aber nicht nur im Forsthaus, sondern auch in Schule und Rathaus nieder. Gemeinsam mit dem damaligen Musikvereinsvorsitzenden Paul Reisch und Rektor Alfred Speckle entwickelte er das Fronhofener Heimatfest. 1966 wurde es erstmals gefeiert und seitdem alle drei Jahre – obwohl es die Premiere ordentlich verregnet hatte und der öffentliche Tanz nach dem Programm des Heimatabends ausfallen musste, weil das Landjugendheim überfüllt und für einen Tanzboden absolut kein Fleckchen mehr frei war. Die Gemeinde habe das Fest damals nicht unterstützt, erinnert sich Knor, „aber mir sind grad so rauskomma“.
Spannende und harte Jahre Derlei Aktivitäten und die Tatsache, dass der Förster viel unter die Leut’ kam, brachten es automatisch mit sich, dass Reinhold Knor gedrängt wurde, für den Gemeinderat zu kandidieren. Wissend, dass es schwer ist, Bewerber zu finden, habe er nachgegeben unter der Bedingung: „Nur auf dem letzten Listenplatz“. Trotzdem wurde er 1968 ins Parlament der damals noch selbstständigen Gemeinde Fronhofen gewählt, um nach zwölf Jahren 1980 als dienstältestes Ratsmitglied der aus der Kommunalreform neu hervorgegangenen Gemeinde Fronreute aus dem Dienst zu scheiden. Es waren spannende, nervenaufreibende, aber auch harte Jahre für die Bürgervertreter, war der Gemeindezzusammenschluss 1972 doch unausweichlich und die Suche nach passenden Partnern schwierig: Verbindungen mit Horgenzell oder Altshausen zerschlugen sich, Blitzenreute schien „das kleinste Übel“, erinnert sich Knor, der in diesen zwölf Jahren Bürgermeisterstellvertreter von Bruno Müller (Fronhofen) und ab 1972 von Franz Wehr (Fronreute) war. Zeiten, in denen sich beide Teilgemeinden gut entwickelten, neue Baugebiete erschlossen, ihre Schulen ausbauten.
Heute wird Bürgermeister Oliver Spieß den Jubilar zum 90. Geburtstag besuchen, die Jagdhornbläser mit einem Ständchen aufwarten, und sicher kommen auch Kinder, Enkel und Urenkel. Einen tattrigen Greis werden sie dabei nicht antreffen, sondern einen Mann, der geistig noch hellwach, eloquent und der neuen Zeit wie der neuen Technik gegenüber aufgeschlossen ist. Erst vor kurzem hat er seinen alten Computer noch gegen einen modernen Laptop ausgetauscht und so in den letzten Jahren Entstehung und Geschichte der Seen und Weiher der Region dokumentiert und das mehrbändige Werk der Gemeinde übergeben. „Damit nichts verloren geht“und „die Öffentlichkeit daran teilhaben kann“.