Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Närrische Breitseiten beim Mostclub
Bei der Sitzung des Weingartener Mostclubs fliegen närrische Breitseiten – vor allem nach Ravensburg
Ein Schlagabtausch folgt dem anderen bei der Montagssitzung im „Ochsen“.
WEINGARTEN - Sauer macht lustig – eine Weisheit, die der Mostclub sich als eines seiner Mottos zu eigen machen könnte. Flossen doch bei der traditionellen Montagssitzung im Gasthaus Ochsen einige Liter des säuerlichen Apfelsaft-Endproduktes. Der Stimmung schadete das sicher nicht: Die zahlreichen Redebeiträge wurden mit einem lautstarken „Lllllll“bejubelt – vor allem dann, wenn die närrischen Breitseiten in Richtung Ravensburg flogen.
Am Ende musste das Saugatter zweimal ausrücken: Die erste Fahrt durften Christoph Stehle und Egon Streicher von der Milka-Faschingsgesellschaft Ravensburg genießen. Sie hatten versucht, Mostclub-Präsident Jürgen Hohl mit einer dreisten Fälschung des „Urbletzler“-Pfeifenkopfes bei der Narrenverbrüderung am Fasnetssamstag sprichwörtlich zum Narren zu halten. Der Heimatkundler und Narrenkenner deckte den Schwindel aber mit Leichtigkeit auf und die Milka-Schlitzohren mussten im Käfig auf dem SaugatterGefährt eine Runde durch die Stadt drehen, auch wenn sie sich dagegen lautstark wehrten.
Müller muss ins Saugatter Die zweite Fahrt musste der als Römer verkleidete CDU-Bundestagskandidat Axel Müller antreten. Der Mostclub spendierte ihm zwar eine Freifahrt hinter Gittern in die Hauptstadt, der Traktor mit dem Käfigwagen kehrte aber standesgemäß nach ein paar Metern durch Weingarten um und lieferte Müller wieder im Ochsen ab. Dort hatten zuvor schon die „Ritter der Schwafelrunde“mit Müller in der Mitte als Römer verkleidet einen echten Fasnetsmontagshöhepunkt fabriziert. Sie versetzten das Mittlere Schussental in die Zeit des alten Rom zurück – mit Weingarten als Mittelpunkt der Welt und Ravensburg als „südliche Trabantenstadt“, in der nicht einmal römische Streitwagen Platz fänden, seit die „Marienplatz-Katakomben“beschädigt seien.
Weingartens Bürgermeister Alexander Geiger, verkleidet als Trabantenstadt-Präfekt „Rappus“, musste sich einiges anhören: Er solle schnell ein „Cuniculum Molldietum“bauen, einen Molldiete-Tunnel, aber von Norden nach Süden, damit die Weingartener Senatsherren auf dem Weg ans „Schwäbische Meer“das „Elend in der Trabantenstadt nicht dauernd sehen müssen“.
Zu guter Letzt dichteten die Schwafelritter dem Mostclub an, Nachfolger einer Sippe von antiken Latrinenputzern zu sein – Beweis dafür ist das „L“, das die Mostclübler am Zylinder tragen. Auch diese Seitenhiebe bescherten Müller die Fahrt im Saugatter, stellvertretend für seine Rittergenossen.
Die drei Herren der Weingartener Stadtverwaltung dagegen hatten ein anderes Haar in der Suppe gefunden: Mostclub-Vizepräsident Martin Hipp hat bekanntlich angefangen, Bier zu brauen. Und obwohl dieses „Altdorfer Klosterbräu Konvent“den meisten schmeckt – die ersten 1000 Liter sind schon verbraucht –, prangerten Bürgermeister Geiger, Fachbereichsleiter Rainer Beck und Stadtmarketing-Chef Marcus Schmid diesen Umstand an. „Die Herra mit der großa Gosch, sie tranket bislang nix als Moscht. Die schwöret jetz ab dem edla Trunk, mir saget: Des gibt kräftig Stunk“, reimten die Rathäusler und schlugen dem Mostclub die Umbenennung in „Bierclub“, „Weinclub“und am Ende sogar „Kefir-Club“vor. Und ganz nebenbei gründeten sie – als Zuflucht für die echten Mostfans – den „Club der Most-Trinker“.
Mit die lautesten „Lllll“-Bekundungen heimste sich der Ex-SPDBundestagsabgeordnete Rudolf Bindig ein, der unter seiner Narrenkappe hervor behauptete, vom Rechnungshof geschickt worden zu sein, um der Stadt Gebote zu überbringen: Die Stelle des Kämmerers wird gestrichen und die Stadtkasse dem Mostclub übertragen, alle Baulücken werden mit Flachdach-Hochhäusern so hoch wie die Basilika geschlossen, die Klosterfestspiele werden durch ein Schauspiel der Rathäusler ersetzt, gespielt werden Schillers „Räuber“. Bindig entkam dem Saugatter wohl nur, weil es gerade Axel Müller durch die Stadt chauffieren musste.