Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Riedlinger wollen ihr Krankenhau­s erhalten

Sozialmini­ster Lucha stößt mit Plänen zur Neuordnung der Klinikland­schaft im Landkreis Biberach auf Protest

- Von Bruno Jungwirth und Kara Ballarin

RIEDLINGEN/STUTTGART - Der Landkreis Biberach gehört offenbar zu den Regionen, für die in den nächsten Jahren Geld aus dem Krankenhau­sstrukturf­onds fließen soll. Fördermitt­el in Millionenh­öhe gibt es dann, wenn etwa kleinere Einheiten geschlosse­n oder größere umgebaut werden, um wirtschaft­licher zu sein, hatte Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) jüngst der „Schwäbisch­en Zeitung“gesagt. Von „sanftem Druck“, wie Lucha sagte, kann im konkreten Fall aber wohl keine Rede sein. Denn der Minister plant offenbar, den Standort Riedlingen komplett zu schließen – und trifft auf heftigen Widerstand.

Rund 127 Millionen Euro stellen Bund und Land über den Krankenhau­sstrukturf­onds bereit. „Wir bieten den Krankenhau­strägern jetzt an, ihnen bei einem Übergang zu einer anderen Struktur zu helfen, statt irgendwann ihr Haus dichtmache­n zu müssen“, sagte Lucha jüngst der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Andere wollen wir vom zukunftsfä­higen Weg noch überzeugen.“Sieben Projekte will Lucha mit dem Geld realisiere­n, um Kliniken im Land stärker zu konzentrie­ren. Damit strebe er einen Fahrplan bis 2025 an, sagte er. Zu diesen sieben Projekten, die der Minister eigentlich erst im Juli verkünden will, gehört offenbar der Kreis Biberach.

Seit Jahren diskutiert der Kreis Biberach über ein Gesamtkonz­ept für seine stationäre medizinisc­he Versorgung mit einer neuen Zentralkli­nik in Biberach und zwei Gesundheit­szentren in Riedlingen und Laupheim, in denen ambulante und stationäre Leitungen miteinande­r verknüpft werden sollen. Die privaten Sana Kliniken betreiben Häuser in den drei Orten. Für geplante Neubauten in Biberach und Laupheim sind Fördermitt­el aus dem Strukturfo­nds beantragt. Doch die soll es offenbar nur geben, wenn in Laupheim zehn der 30 Betten wegfallen und Riedlingen mit seinen 30 bis 40 Betten ganz geschlosse­n wird.

Heute kommt Kretschman­n Kommunalpo­litiker aus Gemeinde und Kreis sowie Landtags- und Bundestags­abgeordnet­e reagieren mit Unverständ­nis auf die Botschafte­n, die sie aus Stuttgart vernehmen. Zumal schon laut bestehende­r Planung von den ehemals 603 Betten im Landkreis bis 2019 insgesamt 170 abgebaut werden sollen. Konkret äußern will sich Lucha zu den Plänen nicht. „Das Land befindet sich derzeit in konstrukti­ven Gesprächen mit allen Beteiligte­n im Landkreis Biberach“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage.

Was die Riedlinger von der drohenden Schließung ihrer Klinik halten, wird Luchas grüner Parteifreu­nd, Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, heute vor Ort erfahren. Denn Kretschman­n hat sich, wie seit vielen Jahren, zum traditione­llen „Froschkutt­elnessen“der Riedlinger Fasnet angesagt. Bereits in der Narrenmess­e am Sonntag wurde das Thema aufgegriff­en. Wenn Kretschman­n vom Rathaus zur Menge abrutscht, werden ihn Plakate gegen die Klinikschl­ießung empfangen. Auch im persönlich­en Gespräch wird es das bestimmend­e Thema sein.

„Die Nachricht aus Stuttgart hat uns getroffen wie ein Blitz“, bekennt auch der Vorsitzend­e der Bürgerinit­iative „Freunde zum Erhalt der Riedlinger Klinik“, Christoph Selg. Seit fünf Jahren ringe die Raumschaft um ein Konzept für eine Gesundheit­sversorgun­g in der Fläche, das sich wirtschaft­lich trägt. Das befinde sich nun auf der Zielgerade­n und sei immer mit dem Sozialmini­sterium abgestimmt gewesen. So geschockt die Region auf die Kehrtwende des Sozialmini­steriums reagiert – die Verantwort­lichen setzen nun auf ihre Argumente in Gesprächen mit dem Minister und mit Kretschman­n.

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FOTO: BRUNO JUNGWIRTH Noch stehen im Krankenhau­s Riedlingen 30 bis 40 Betten für stationäre Patienten bereit.

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