Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Riedlinger wollen ihr Krankenhaus erhalten
Sozialminister Lucha stößt mit Plänen zur Neuordnung der Kliniklandschaft im Landkreis Biberach auf Protest
RIEDLINGEN/STUTTGART - Der Landkreis Biberach gehört offenbar zu den Regionen, für die in den nächsten Jahren Geld aus dem Krankenhausstrukturfonds fließen soll. Fördermittel in Millionenhöhe gibt es dann, wenn etwa kleinere Einheiten geschlossen oder größere umgebaut werden, um wirtschaftlicher zu sein, hatte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) jüngst der „Schwäbischen Zeitung“gesagt. Von „sanftem Druck“, wie Lucha sagte, kann im konkreten Fall aber wohl keine Rede sein. Denn der Minister plant offenbar, den Standort Riedlingen komplett zu schließen – und trifft auf heftigen Widerstand.
Rund 127 Millionen Euro stellen Bund und Land über den Krankenhausstrukturfonds bereit. „Wir bieten den Krankenhausträgern jetzt an, ihnen bei einem Übergang zu einer anderen Struktur zu helfen, statt irgendwann ihr Haus dichtmachen zu müssen“, sagte Lucha jüngst der „Schwäbischen Zeitung“. „Andere wollen wir vom zukunftsfähigen Weg noch überzeugen.“Sieben Projekte will Lucha mit dem Geld realisieren, um Kliniken im Land stärker zu konzentrieren. Damit strebe er einen Fahrplan bis 2025 an, sagte er. Zu diesen sieben Projekten, die der Minister eigentlich erst im Juli verkünden will, gehört offenbar der Kreis Biberach.
Seit Jahren diskutiert der Kreis Biberach über ein Gesamtkonzept für seine stationäre medizinische Versorgung mit einer neuen Zentralklinik in Biberach und zwei Gesundheitszentren in Riedlingen und Laupheim, in denen ambulante und stationäre Leitungen miteinander verknüpft werden sollen. Die privaten Sana Kliniken betreiben Häuser in den drei Orten. Für geplante Neubauten in Biberach und Laupheim sind Fördermittel aus dem Strukturfonds beantragt. Doch die soll es offenbar nur geben, wenn in Laupheim zehn der 30 Betten wegfallen und Riedlingen mit seinen 30 bis 40 Betten ganz geschlossen wird.
Heute kommt Kretschmann Kommunalpolitiker aus Gemeinde und Kreis sowie Landtags- und Bundestagsabgeordnete reagieren mit Unverständnis auf die Botschaften, die sie aus Stuttgart vernehmen. Zumal schon laut bestehender Planung von den ehemals 603 Betten im Landkreis bis 2019 insgesamt 170 abgebaut werden sollen. Konkret äußern will sich Lucha zu den Plänen nicht. „Das Land befindet sich derzeit in konstruktiven Gesprächen mit allen Beteiligten im Landkreis Biberach“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage.
Was die Riedlinger von der drohenden Schließung ihrer Klinik halten, wird Luchas grüner Parteifreund, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, heute vor Ort erfahren. Denn Kretschmann hat sich, wie seit vielen Jahren, zum traditionellen „Froschkuttelnessen“der Riedlinger Fasnet angesagt. Bereits in der Narrenmesse am Sonntag wurde das Thema aufgegriffen. Wenn Kretschmann vom Rathaus zur Menge abrutscht, werden ihn Plakate gegen die Klinikschließung empfangen. Auch im persönlichen Gespräch wird es das bestimmende Thema sein.
„Die Nachricht aus Stuttgart hat uns getroffen wie ein Blitz“, bekennt auch der Vorsitzende der Bürgerinitiative „Freunde zum Erhalt der Riedlinger Klinik“, Christoph Selg. Seit fünf Jahren ringe die Raumschaft um ein Konzept für eine Gesundheitsversorgung in der Fläche, das sich wirtschaftlich trägt. Das befinde sich nun auf der Zielgeraden und sei immer mit dem Sozialministerium abgestimmt gewesen. So geschockt die Region auf die Kehrtwende des Sozialministeriums reagiert – die Verantwortlichen setzen nun auf ihre Argumente in Gesprächen mit dem Minister und mit Kretschmann.