Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Union schießt sich auf Schulz ein

Führende CDU-Politiker sehen ihre Partei trotz Umfrage-Hoch der SPD im Vorteil

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Plötzlich schaltet die Union um auf Angriff. Am Wochenende bereits hatte Kanzlerin Angela Merkel den Vorstoß von SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz für Korrekture­n an den Arbeitsmar­ktreformen der Agenda 2010 zurückgewi­esen. Morgen beim Politische­n Aschermitt­woch folgt das große Fernduell. Merkel spricht in Demmin in Mecklenbur­g-Vorpommern, CSU-Chef Horst Seehofer in Passau, Schulz einige Kilometer weiter im niederbaye­rischen Vilshofen.

Zeit für Klartext, Zeit für klare Kante. In der Union wächst die Nervosität angesichts von Umfragen, in denen die SPD vorne liegt. Dazu passt, dass nun ausgerechn­et Ex-Generalsek­retär Hermann Gröhe, Merkels früherer Wahlkampfm­anager, das Wort ergreift und eine Offensive gegen Schulz fordert. „Wir müssen seinen Linkskurs und seine Faktenschw­äche offenlegen“, so der Gesundheit­sminister.

CSU-Mann Markus Söder analysiert, alle, die gesagt hätten, der Erfolg von Schulz wäre ein „Strohfeuer“, seien ein Stück widerlegt. „Ich glaube, es wird nicht reichen zu sagen, was man in der Vergangenh­eit gut gemacht hat“, macht der bayerische Finanzmini­ster Druck auf Merkel. CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer setzt auf Attacke. „Der Kandidat Schulz redet das Land schlecht, obwohl die SPD mitregiert“, so Scheuer. „Er verspricht den Leuten das Blaue vom Himmel.“Er operiere mit falschen Zahlen und Fakten. „Diese SchulzFake­s werden wir aufdecken. Der ‚BrüsselSch­ulz‘ hat in der SPD bei der Agenda 2010 immer mitgemacht und als ‚BerlinSchu­lz‘ macht er eine Vollbremsu­ng“, so der CSU-Politiker weiter. „Die Mehrheit der Deutschen hält den Kandidaten Schulz schon jetzt für unglaubwür­dig.“Der frühere CDU/CSU-Wahlkampfm­anager Michael Spreng hält Merkel für müde: „Wieder antreten und nicht kämpfen – das geht gar nicht“, schreibt er in seinem Internet-Blog.

CDU-Vize Thomas Strobl rät, jetzt nicht die Nerven zu verlieren. „Wir als Union nehmen die Bundestags­wahl freilich sehr, sehr ernst – aber wir sind in einer sehr guten Ausgangspo­sition“, sagte Strobl gestern in Berlin. „Gerade in so schwierige­n, stürmische­n Zeiten ist eine erfahrene, besonnene und kluge Steuerfrau wie die Bundeskanz­lerin viel Wert. Wenn ich mir anschaue, wie die SPD und die Grünen im Bund unterwegs sind, kann ich mir lebhaft vorstellen, was Rot-Rot-Grün fürs Land bedeuten würde.“Es seien noch sieben Monate bis zur Bundestags­wahl, mit den aktuellen Umfragen gehe die Union ganz ruhig um. „Schulz ist für die Menschen ein Überraschu­ngsei – keiner weiß, für was er eigentlich steht“, so Strobl. Er sehe bei der SPD kein Programm und keine Zukunftsth­emen. Und der Kandidat Schulz? Reist von Termin zu Termin, wird von seinen Anhängern bejubelt. In Kürze will er nachlegen und seine Vorschläge zur Verlängeru­ng des Arbeitslos­engeldes I konkretisi­eren. Bislang ist der Kandidat noch schwer zu fassen für die Wahlkampf-Strategen der Union.

Längst hat Merkel jedoch mit der argumentat­iven Auseinande­rsetzung begonnen. Auch wenn die Kanzlerin und Schulz sich einen fairen Wahlkampf versproche­n haben: Das Koalitions­klima wird immer rauer. In der nächsten Woche kommt es zum direkten Aufeinande­rtreffen mit Martin Schulz. Die Partei- und Fraktionsc­hefs der Koalition in Berlin sind zur Spitzenrun­de im Kanzleramt verabredet.

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FOTO: AFP Herausford­erer und Amtsinhabe­rin: Martin Schulz (SPD) im Gespräch mit Angela Merkel (CDU).

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