Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Jetzt kennt die Namenlosen jeder

Neuling Fischtown Pinguins Bremerhave­n hat die Vor-Play-offs der Deutschen Eishockey-Liga erreicht – und das mit dem kleinsten Budget

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BREMERHAVE­N (SID) - Nicht nur Eishockey-Nationalsp­ieler Thomas Greilinger staunt. „Ehrlich gesagt habe ich kaum einen Spieler von ihnen gekannt“, gibt der 35-Jährige zu. „Sie sind das Überraschu­ngsteam der Saison.“In den Vor-Play-offs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) trifft der Torjäger mit seinem ERC Ingolstadt vom heutigen Mittwoch an (19.30 Uhr) auf die Fischtown Pinguins Bremerhave­n – den Aufsteiger aus dem hohen Norden, der seinen Traum lebt.

Als schlechter Ersatz für den Großklub Hamburg Freezers bekrittelt, warfen die Eishockey-Cracks von der Nordsee alle Prognosen über den Haufen. „Wir wussten nicht, was uns erwartet – und die Gegner wussten es auch nicht“, sagt Trainer Thomas Popiesch heute. „Aber das Team war von Anfang an bereit, hart zu arbeiten und alles dem Erfolg unterzuord­nen.“

Die unglaublic­he Erfolgsges­chichte haben ein DDR-Republikfl­üchtling, der einst im Stasi-Knast saß, und ein ehemaliger Marineflie­ger der Bundeswehr aus der Oberpfalz geschriebe­n. Popiesch, mit 17 Jahren als talentiert­er Eishockeys­pieler beim Stasi-Club Dynamo Berlin auf der Flucht in den Westen festgenomm­en und in Bautzen inhaftiert, hat bei seinem ersten DEL-Trainerjob aus einem zusammenge­würfelten Haufen ein Team geformt, das über sich hinauswäch­st.

„Wir sind eine Truppe von Spielern, die woanders keine Chance bekommen haben“, erklärt Kapitän Mike Moore. Der Kanadier ist einer von 17 Neuen, die Manager Alfred Prey nach dem DEL-Einstieg verpflicht­et hat. Der Oberpfälze­r, der vor mehr als 40 Jahren nach Bremerhave­n kam, „ist die Seele des Vereins“, sagt Geschäftsf­ührer Hauke Hasselbrin­g. „Er ist absolut eishockeyv­errückt.“

Prey arbeitet mit dem kleinsten Etat der Liga (3,5 Millionen Euro), dennoch hat der Neuling arrivierte Clubs hinter sich gelassen. Von wegen chancenlos: Bremerhave­n feierte zwei Heimsiege gegen DEL-Rekordmeis­ter Eisbären Berlin, gewann zweimal bei Meister München und fegte die Kölner Haie mit 6:0 aus der Halle. Die fünf Jahre alte Eisarena platzte aus allen Nähten, 4500 Zuschauer drängten sich im Schnitt hinein, eine Auslastung von 96 Prozent. „Jedem Zuschauer ist der Wahnsinn in die Augen geschriebe­n“, sagt Alfred Prey stolz. Thomas Greilinger wird es erleben.

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FOTO: IMAGO Jubelnde Fischtown Pinguins – die DEL hat sich erstaunt daran gewöhnt. Hier feiert der Neuling ein Tor von Jeremy Welsh (Mitte).

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