Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Baulärm bis zum Sommer
Düsenstrahl-Arbeiten auf der B-30-Baustelle ziehen sich bis Mitte August.
RAVENSBURG - Die Düsenstrahl-Arbeiten auf der Baustelle für die neue B-30-Süd in Ravensburg, die seit Wochen für Lärmbelästigungen in Weißenau sorgen, dauern voraussichtlich bis Mitte August. Das hat das Regierungspräsidium (RP) Tübingen auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“mitgeteilt. Zuerst hieß es noch, Ende März sei Schluss (die SZ berichtete). Doch das ist nicht alles: Fortan wird auf der Baustelle im Dreischichtbetrieb, also rund um die Uhr, von montags bis samstags gearbeitet.
Wie es in der Stellungnahme des RP heißt, würden die Einsatzzeiten des Düsenstrahlverfahrens von der zuständigen Arbeitsgemeinschaft (Arge) Glass-Bauer selbstständig im Rahmen der vereinbarten Bauzeit festgelegt. So sei die Nachtarbeit auf Samstag ausgeweitet worden. Außerdem habe die Arge das Regierungspräsidium diese Woche in Kenntnis gesetzt, dass die Düsenstrahl-Arbeiten erst Mitte August beendet werden.
Schwingungen sind spürbar Die Weißenauer klagen schon lange über Baulärm. Eine der Lärmquellen war bis vor Kurzem die GrieshaberBaustelle „An der Bleicherei“, wo tagsüber Pfähle in den Boden getrieben wurden. Als zweite Lärmquelle, die immer noch anhält, wurde die B-30-Baustelle identifiziert. Doch ergaben jüngste Lärmmessungen des Landratsamtes, dass dort die gesetzliche Grenze von 40 Dezibel nicht überschritten wird.
Für die Anwohner ist der Krach indes unerträglich. „Ich wache nachts mehrmals auf und kann nicht mehr einschlafen“, schildert eine Anwohnerin. Die Geräusche, die sie wach halten, beschreibt sie als „lang gezogenen Lärm“. Die Frau sagt: „Es hört sich an wie eine Schaufel, die über den Boden schrammt.“Eine andere Familie meint, der Lärm sei im Haus größer als draußen. Die Schwingungen kämen über den Boden und seien körperlich spürbar, so die Familie.
Fakt ist: Der Bund als Bauherr hat sich bewusst für das Düsenstrahlverfahren entschieden. „Bei der Gründung und Auftriebssicherung der für die B 30 erforderlichen Grundwasserwanne handelt es sich um eine technisch anspruchsvolle Konstruktion“, heißt es vonseiten des RP. Bei der Planung habe man neben eventuellen Risiken für die Ausführung auch die Dauerhaftigkeit des Bauwerks berücksichtigen müssen. „Das Düsenstrahlverfahren stellte sich dabei als das geeignetste Bauverfahren heraus“, so das Regierungspräsidium.
Zur Erklärung: Mithilfe des Düsenstrahlverfahrens wird die Baugrube vollständig abgesichert. Hierbei wird zunächst eine Injektionslanze in den Boden eingebohrt. Durch diese Lanze wird dann unter hohem Druck eine zementhaltige Bindemittelsuspension in die Erde injiziert. Es entsteht eine Art Beton-Körper. Dieser Körper dient dazu, die Spundwände, die zur Abstützung der Grube bereits verbaut wurden, zu versteifen und standsicher zu machen. Die Injektionen werden an unterschiedlichen Stellen vorgenommen, in der Regel etwa alle zwei Meter.
In manchen Bereichen ist die Aussteifung durch das Düsenstrahlverfahren notwendig: zum Beispiel wenn Grundwasser im Boden vorhanden ist oder wenn die Baugrube tief geht. Beides ist bei der B-30-Baustelle der Fall. Dass die Anwohner die Schwingungen der Injektionen zu spüren bekommen, liegt an der Beschaffenheit des Bodens: Die Baustelle befindet sich im Schussental. Dort sind weiche Böden vorhanden, die Erschütterungen gut weiterleiten. So kommt es zu Körperschallübertragungen.
Neben dem Düsenstrahlverfahren gibt es weitere Möglichkeiten, um eine Baugrube abzusichern. Oft wird folgende Alternative angewandt: Die Baugrube wird abschnittsweise ausgehoben und eine sogenannte Sohlsteife aus Beton eingebracht. Dies ist jedoch nur in gewissen Höhen und Randbedingungen möglich.
Laut RP kam das Düsenstrahlverfahren schon im Frühjahr/Sommer 2015 bei der Herstellung der Eisenbahnunterführung zum Einsatz. „Nachdem seinerzeit keine Beeinträchtigungen festgestellt wurden, war mit den jetzt auftretenden Auswirkungen – dem Auftreten von Lärm innerhalb von Gebäuden – nicht zu rechnen“, schreibt das RP. Die Ursachen hierfür würden zeitnah von einem Sachverständigen untersucht.
Das RP kündigt an: „Es sind Gespräche mit den Bürgern geplant.“Jedoch wolle man zuerst das Gutachten des Sachverständigen abwarten. „Erst wenn die Ursache für den Lärm geklärt ist, können mögliche Vermeidungsmaßnahmen in Erwägung gezogen werden“, meint das RP.