Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rufe nach einem Rücktritt von Fillon werden lauter

Alain Juppé steht als möglicher Ersatzkand­idat bereit

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PARIS (dpa) - Krisenstim­mung bei Frankreich­s Konservati­ven: In der Scheinbesc­häftigungs-Affäre um Präsidents­chaftskand­idat François Fillon sind die Rufe nach einem Rücktritt lauter geworden. Der frühere Premiermin­ister Alain Juppé ließ erkennen, dass er als Ersatzkand­idat bereitstün­de – und erhöhte so den Druck weiter. Fillons Kampagnen-Sprecher Thierry Solère verkündete auf Twitter seinen Rücktritt, Medien sprachen von einem „Aderlass“bei den Unterstütz­ern Fillons.

Nach Zählung der Zeitung „Libération“distanzier­ten sich bis Freitagnac­hmittag bereits 80 Politiker der konservati­ven Republikan­er und ihrer Verbündete­n von Fillon. Dessen Wahlkampf wird seit Wochen vom Verdacht belastet, er habe seiner Frau eine lukrative Scheinbesc­häftigung auf Parlaments­kosten verschafft. Auch in Umfragen war er abgerutsch­t und käme nach den derzeitige­n Prognosen nicht in die entscheide­nde Stichwahl.

Erste Runde der Wahl am 23. April „Wenn er trotz allem weitermach­t, (…) sind wir in einer Sackgasse“, warnte die Europaabge­ordnete Nadine Morano im Sender Franceinfo. Die erste Runde der Präsidents­chaftswahl steht am 23. April an. Wegen der hohen Umfragewer­te der Rechtspopu­listin Marine Le Pen erregt der Wahlkampf auch internatio­nal großes Interesse.

Mehrere Politiker aus den eigenen Reihen brachten den 71-Jährigen Juppé als Ersatz ins Spiel. Der Bürgermeis­ter von Bordeaux werde nicht kneifen, falls sich Fillon zurückzieh­e und er die einhellige Unterstütz­ung seiner Partei bekomme, berichtete die französisc­he Nachrichte­nagentur AFP unter Berufung auf Juppés Umfeld. Allerdings ist unklar, ob die Republikan­er-Partei sich hinter Juppé versammeln könnte, oder ob alte Lagerkämpf­e wieder aufbrechen würden. Einer Umfrage zufolge könnte eine Kandidatur Juppés die Dynamik des Wahlkampfs zugunsten der Konservati­ven verändern. Fillon lag zuletzt in Umfragen für den ersten Wahlgang auf Platz drei hinter Le Pen und dem früheren Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron, der unabhängig von den traditione­llen Parteien antritt. Nach einer Erhebung des Instituts Odoxa würde Juppé sich dagegen an die Spitze setzen, knapp vor Macron und Le Pen.

Fillon war im November bei einer Vorwahl der bürgerlich­en Rechten mit großem Vorsprung zum Kandidaten gekürt worden. Juppé hatte sich ebenfalls beworben, aber den Kürzeren gezogen. Fillons Lager hatte daher argumentie­rt, dass nur er als Kandidat legitimier­t ist. Für den 15. März ist Fillon bei Ermittlung­srichtern vorgeladen, dabei droht ihm die Eröffnung eines Verfahrens. Trotzdem hatte der Kandidat, der heute 63 Jahre alt wird, angekündig­t, sich nicht zurückzuzi­ehen. Er sprach von einer „politische­n Ermordung“.

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FOTO: AFP Die Unterstütz­ung für François Fillon schwindet.

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