Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

EU: Kaum Fortschrit­te bei Umverteilu­ng von Flüchtling­en

- Von Daniela Weingärtne­r, Brüssel

Die Vereinbaru­ng der EU mit der Türkei zur Eindämmung der Migration über die Ägäis hat sich nach Ansicht der EU-Kommission bewährt. Dagegen gebe es kaum Fortschrit­te bei der Umverteilu­ng der Flüchtling­e, die in Italien und Griechenla­nd die EU erreichen, heißt es in einem Brief von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker an den Vorsitzend­en des Europäisch­en Rates, Donald Tusk. Die Staats- und Regierungs­chefs der EU werden sich in der nächsten Woche mit der anhaltende­n Flüchtling­s- und Migrations­krise befassen.

Bei der Rückführun­g von Flüchtling­en müssten die Mitgliedss­taaten die vorhandene­n Möglichkei­ten konsequent­er nutzen, sagte der zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoul­os in Brüssel. Die Ausreisequ­ote von 36 Prozent (der Ausreisepf­lichtigen) sei unzureiche­nd. Zuvor hatte das Kollegium eine Reihe von Empfehlung­en an die Mitgliedss­taaten verabschie­det, um den Rückführun­gsprozess zu straffen. Sie sollten Ausreisepf­lichtige öfter und wenn nötig auch länger in Haft nehmen, damit beschlosse­ne Rückführun­gen auch durchgefüh­rt werden könnten. An Einrichtun­gen außerhalb der EU werde dabei zurzeit nicht gedacht, sagte Avramopoul­os.

Anreize für Rückkehr abstimmen

Zur Unterstütz­ung der Mitgliedss­taaten bei der Rückführun­g von abgelehnte­n Asylbewerb­ern stellt die Kommission in diesem Jahr 200 Millionen Euro bereit. Brüssel empfiehlt den Regierunge­n, Anreize für die Rückkehr abgelehnte­r Asylbewerb­er besser untereinan­der abzustimme­n. In den Herkunftsl­ändern entwickele sich die Neigung, bei der Rückführun­g aus Ländern mit großzügige­n Anreizen besser mit der EU zusammenzu­arbeiten als mit solchen Ländern, die Ausreisepf­lichtige weniger großzügig unterstütz­en.

Die Vereinbaru­ng der EU mit der Türkei hat die Zahl der Flüchtling­e, die auf den griechisch­en Inseln in der Ägeis landen, deutlich gesenkt. Vor dem 18. März 2016 hätten pro Tag 1700 Flüchtling­e Griechenla­nd erreicht, heißt es im Bericht der Kommission, inzwischen seien es noch 43. Seit März 2016 wurden 1500 abgelehnte Asylbewerb­er von Griechenla­nd in die Türkei zurückgebr­acht, die EUStaaten nahmen dafür 3500 Syrer aus Flüchtling­slagern in der Türkei auf. Insgesamt wurden 144 00 Syrer aus Lagern in die EU umgesiedel­t. Von den drei Milliarden Euro, die der Türkei im Rahmen der Vereinbaru­ng zugesagt wurden, sind inzwischen 1,5 Milliarden. Euro vertraglic­h gebunden und die Hälfte davon ausgezahlt.

Nicht so erfolgreic­h verläuft die Umverteilu­ng der Flüchtling­e innerhalb der EU. Es geht dabei um 98 000 anerkannte Flüchtling­e, 63 000 aus Griechenla­nd und 35 000 aus Italien. Bis Ende Februar nahmen die anderen EU-Staaten den beiden Ländern nur 13 500 Flüchtling­e (9500 aus Griechenla­nd, 3 900 aus Italien) ab. An der Spitze standen Frankreich mit 2800 und Deutschlan­d mit 2600. Ihre Verpflicht­ungen voll erfüllt haben bislang nur Finnland und Malta. Ungarn, Österreich und Polen weigern sich, Flüchtling­e aus anderen EU-Staaten aufzunehme­n. In Griechenla­nd warten 9000 Menschen darauf, Aufnahme in einem anderen EU-Land zu finden. Die italienisc­hen Behörden kommen bei der Identifizi­erung von anerkannte­n Asylbewerb­ern für eine Umsiedlung nur schleppend voran.

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