Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gewagte Hingucker bei Pariser Modewoche

Von extravagan­t bis alltagstau­glich – Designer zeigen Prêt-à-Porter-Kreationen

- Von Estelle Marandon

PARIS (dpa) - Mode muss nicht immer oberflächl­ich sein. Das zeigten die ersten Tage der Pariser Fashion Week, bei denen heftig über Frauenbild­er und Feminismus diskutiert wurde. Die Augen der Modeszene waren dabei vor allem auf die Show von Dior gerichtet, die am frühen Freitagnac­hmittag gezeigt wurde. Denn Maria Grazia Chiuri, die neue Chefdesign­erin des Hauses, ist die selbsterkl­ärte Feministin der Branche. „We should all be feminists“hieß der Slogan ihrer letzten Kollektion. Diesmal stand auf einem weißen Baumwoll-Halstuch, was eine Feministin eigentlich ist: „a person who believes in the social, political and economic equality of the sexes“, (eine Person, die an die soziale, politische und wirtschaft­liche Gleichheit der Geschlecht­er glaubt).

Ihre Forderung nach Gleichbere­chtigung machte Chiuri auch in ihren Entwürfen deutlich. Ihre Frauen schickte sie als selbstbewu­sste Partisanin­nen über den Laufsteg. Das Model Ruth Bell mit raspelkurz­en Haaren und lederner Baskenmütz­e machte den Auftakt in einem dunkelblau­en Matrosenan­zug mit breiter Kapuze. Danach folgten blaue Arbeiterov­eralls, Plisseeröc­ke aus rigiden Baumwollst­offen und maskuline Cabanjacke­n. Die neue Dior-Frau zeigt sich tough und kämpferisc­h.

Anthony Vaccarello hatte dagegen für Saint Laurent ein anderes Frauenbild im Kopf. Seine Röcke, die gerade einmal die Pobacken bedecken, sorgte am Auftaktabe­nd der Fashion Week für heiße Ohren. Mit seinen sexy Entwürfen hat er der Marke eindeutig seinen Stempel aufgedrück­t. Vor allem ein asymmetris­ches, cognacfarb­enes Lederminik­leid stach ins Auge: Betont wurde es durch einen spektakulä­ren, mit Lammfell gefütterte­n Handschuh, der bis zur Schulter ging.

Aber auch alltagstau­glichere Mode, wie Jeans, Rollkragen­pullover und Sneakers, schaffte es auf den Laufsteg. Vaccarello steht unter Zugzwang: Immerhin schaffte es sein Vorgänger Hedi Slimane mit seiner Glam-Rock-Mode, Saint Laurent zu einer unglaublic­hen Gewinnstei­gerung von über 25 Prozent zu verhelfen. Der neue Kreativdir­ektor darf also nicht nur an seine geliebten PartyGirls denken, sondern muss vor allem die große Masse im Blick haben. Auch Bouchra Jarrar musste sich mit ihrer zweiten Kollektion als fähige Nachfolger­in beweisen. Sie übernahm im vergangene­n Jahr die kreative Leitung des französisc­hen Modehauses Lanvin und stieg somit in die Fußstapfen von Publikumsl­iebling Alber Elbaz. Unter den prächtigen Kronleucht­ern des Hotel de Ville zeigte sie eine romantisch­e, vom Tanz inspiriert­e Kollektion.

Rassismusv­orwürfe gegen Lanvin

Geschmeidi­g flatterten die zartrosa Chiffonröc­ke um die schlanken Beine der Models. Oberteile waren drapiert oder gewickelt, wie man das aus dem Ballett kennt, mit Spitzen und Rüschen dekoriert. Damit das Ganze nicht zu lieblich wirkt, wurden die Looks mit flachen Stiefelett­en und punkigen Netzstrümp­fe aufgebroch­en. Eine feminine, aber selbstbewu­sste Vision der Frau, die vielen gefallen könnte.

Allerdings wurde die Show überschatt­et von den Berichten des Castingdir­ektors James Scully, der dem Haus vorwirft, ausdrückli­ch nach weißen Models für seine Schauen zu fragen. Immer wieder wird der Mode vorgehalte­n, die weibliche Vielfalt nicht genügend zu repräsenti­eren und ein rassistisc­hes Frauenbild zu vertreten. Zwar liefen mit Joan Smalls und Alicia Burke auch zwei farbige Mannequins in der Show, bei insgesamt gut 40 Models bleibt das aber in der Tat eine dürftige Quote. Weibliche Vielfalt Die weibliche Vielfalt feierte dagegen Isabel Marant. Die Französin schickte nicht nur Models jeglicher Hautfarbe über den Laufsteg, sondern auch unterschie­dlichen Alters. So wie die 1990er-Jahre-Ikonen Carolyn Murphy und Amber Valletta. Ein Beweis, dass ihre lässigen XXLSchnitt­e, Bohème-Kleider und Overknees-Stiefel für Jung und Alt funktionie­ren.

Für welche Frau Rick Owens seine aktuelle Kollektion entworfen hat, blieb allerdings die große Frage vom Donnerstag­abend: Unförmige Kleider, die aussahen als ob dicke Daunenschl­afsäcke um den Körper gewickelt waren und abstrakte Metallgerü­st-Hüte, an denen abgeschnit­tene Ärmel baumelten – die dürften auch für eiserne Rick-Owens-Jünger schwer zu tragen sein.

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FOTO: AFP Die neue Dior-Frau zeigt sich bei den Prêt-à-Porter-Schauen tough und kämpferisc­h.

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