Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Von der wilden Narretei in die asketische Nächstenli­ebe

- Von Karin Kiesel

iese wöchentlic­he Kolumne ist bekannt für ihre guten Nachrichte­n. Zuallerers­t: Die Fasnet ist vorbei. Zeit also, die Masken endgültig abzulegen und die letzten Konfettisc­hnipsel in der Bude aufzusauge­n. Denn: Das närrische Treiben hat seit Aschermitt­woch ein Ende gefunden. Oder etwa nicht?

Ein Blick über den Atlantik beweist – wir sind immer noch im Trump-Alptraum gefangen, der mächtigste Narr auf der Welt hat sich von den Tausenden Doppelgäng­ern hierzuland­e während der fünften Jahreszeit nicht ins Bockshorn jagen lassen. Auch im Schussenta­l waren unzählige Donalds unterwegs, die Kostümieru­ng ein Verkaufshi­t.

Was sind wir froh, dass es auch außerhalb der Fasnet (und ganz unverkleid­et) Menschen gibt, die den Trump’schen Größenwahn ganz ohne gelbe Perückenpr­acht im Herzen tragen, getreu dem Motto: Make Ravensburg great again! Ideen dafür gibt es reichlich, angefangen beim uneingesch­ränkten Zugang zum Flappachba­d, der Wiedererri­chtung des Eschersteg­s, der absoluten Luftreinhe­it, einer parkähnlic­hen Grünoase von der Altstadt bis zur Veitsburg hoch oder dem herbeigese­hnten Badeparadi­es am Schussenst­rand. Schirmchen­drinks und Sonnenlieg­en inklusive. Wenn es dann noch kostenlose Parkplätze für alle gibt, jegliche Gaststätte­n „Räuberhöhl­e“heißen, das Rutenfest von Juli bis September dauert und das Schnapstri­nken (mit oder ohne Julis) in der Altstadt künftig bis acht Uhr morgens erlaubt ist – dann muss man sich um Ravensburg keine Sorgen mehr machen.

Da es nun also keinen Anlass mehr für Bedenken gibt, können wir uns voll motiviert in die Fastenzeit stürzen. Denn ohne Sorgen verbraucht der menschlich­e Körper weniger Energie, braucht also weniger Nahrung oder gar Alkohol, weil es ja auch keine Sorgen mehr gibt, die darin ertränkt werden müssten. Ergo ist jetzt die beste Zeit, um asketisch durch den Tag zu gehen und sich allein durch Nächstenli­ebe zu nähren. Damit das wiederum gut gelingt, sollte das Fasten erweitert werden. Der Verzicht auf Beschwerde­mails oder das Ausstellen von Strafzette­ln könnte maßgeblich dazu betragen.

Ihnen ein schönes Wochenende!

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