Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Von der wilden Narretei in die asketische Nächstenliebe
iese wöchentliche Kolumne ist bekannt für ihre guten Nachrichten. Zuallererst: Die Fasnet ist vorbei. Zeit also, die Masken endgültig abzulegen und die letzten Konfettischnipsel in der Bude aufzusaugen. Denn: Das närrische Treiben hat seit Aschermittwoch ein Ende gefunden. Oder etwa nicht?
Ein Blick über den Atlantik beweist – wir sind immer noch im Trump-Alptraum gefangen, der mächtigste Narr auf der Welt hat sich von den Tausenden Doppelgängern hierzulande während der fünften Jahreszeit nicht ins Bockshorn jagen lassen. Auch im Schussental waren unzählige Donalds unterwegs, die Kostümierung ein Verkaufshit.
Was sind wir froh, dass es auch außerhalb der Fasnet (und ganz unverkleidet) Menschen gibt, die den Trump’schen Größenwahn ganz ohne gelbe Perückenpracht im Herzen tragen, getreu dem Motto: Make Ravensburg great again! Ideen dafür gibt es reichlich, angefangen beim uneingeschränkten Zugang zum Flappachbad, der Wiedererrichtung des Escherstegs, der absoluten Luftreinheit, einer parkähnlichen Grünoase von der Altstadt bis zur Veitsburg hoch oder dem herbeigesehnten Badeparadies am Schussenstrand. Schirmchendrinks und Sonnenliegen inklusive. Wenn es dann noch kostenlose Parkplätze für alle gibt, jegliche Gaststätten „Räuberhöhle“heißen, das Rutenfest von Juli bis September dauert und das Schnapstrinken (mit oder ohne Julis) in der Altstadt künftig bis acht Uhr morgens erlaubt ist – dann muss man sich um Ravensburg keine Sorgen mehr machen.
Da es nun also keinen Anlass mehr für Bedenken gibt, können wir uns voll motiviert in die Fastenzeit stürzen. Denn ohne Sorgen verbraucht der menschliche Körper weniger Energie, braucht also weniger Nahrung oder gar Alkohol, weil es ja auch keine Sorgen mehr gibt, die darin ertränkt werden müssten. Ergo ist jetzt die beste Zeit, um asketisch durch den Tag zu gehen und sich allein durch Nächstenliebe zu nähren. Damit das wiederum gut gelingt, sollte das Fasten erweitert werden. Der Verzicht auf Beschwerdemails oder das Ausstellen von Strafzetteln könnte maßgeblich dazu betragen.
Ihnen ein schönes Wochenende!