Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Entsetzen über Fällarbeiten am Rößler
Nabu sieht Gesetzesverstoß – Forstamt verweist auf Sicherheitsmaßnahme am Damm
SCHLIER - Die Schlierer sind entsetzt: Am Nordufer des Rößlerweihers sind etwa 30 bis 40 Bäume gefällt worden. Viele Spaziergänger aus der näheren Region und Anwohner sehen ihr Naherholungsgebiet zerstört und auch die Ortsgruppe Weingarten des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) beschwert sich. Der Nabu geht davon aus, dass gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen worden ist.
„Es ist eine Sauerei, dass man so was heutzutage noch machen kann. Unser Naherholungsgebiet Rößlerweiher ist zerstört worden. Ich bin entsetzt, erschüttert“, sagt Karin Prinz-Musch aus Hintermoos. „Da fällt mir nur das Lied ,Mein Freund, der Baum, ist tot’ ein.“Wie ihr geht es vielen Schlierern, Weingartenern und anderen, die den Rößlerweiher zum Spazierengehen nutzen oder auch im Sommer hier zum Baden herkommen, auch wenn der Weiher laut Gemeindeverwaltung kein offizieller Badesee ist. „Es wird lediglich geduldet“, stellt auch Karin Veser vom Hauptamt klar.
Nabu: Wichtiger Lebensraum Dennoch, auch auf dem Rathaus in Schlier wurde man von den Fällarbeiten überrascht, weil der Großteil des Waldes um den Rößlerweiher zur Forstverwaltung Baden-Württemberg gehört. In Schlier gingen Beschwerden ein, bei der SZ haben sich entsetzte Leser gemeldet, und auch beim Kreisforstamt, das für den Waldbereich am Rößler zuständig ist, gingen Klagen ein.
„Wir sind darüber (Fällarbeiten, Anm.d.Red.) nicht nur verwundert, sondern auch sehr verärgert, dass ein solch geschützter Uferabschnitt auf diese Art beeinträchtigt wurde. Hier wurde unserer Meinung nach klar gegen Naturschutzgesetze (BNatSchR §26, §30 und §33) verstoßen“, schreibt der Nabu in Weingarten in einem Brief. Nabu-Sprecher Hubert Kapler ist es wichtig, dass so etwas wie am Rößler woanders nicht noch einmal vorkommt. Er verweist auf die Naherholungsfunktion des Geländes und sagt, dass der Lebensraum zahlreicher Käferarten sowie Vögel zerstört worden ist. Denn das Ufer ist als Landschaftsschutzgebiet, FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) und Waldbiotop ausgewiesen.
Der Leiter des Kreisforstamtes, Marijan Gogic, sagt aber, dass die Fällarbeiten dringend nötig waren. „Der Bereich, wo gefällt wurde, ist nicht nur ein Weg, das ist ein Damm. Das ist den wenigsten bewusst. Ein Damm ist ein technisches Bauwerk und darf eigentlich gar nicht beholzt sein“, sagt er. Der Damm soll den etwa 15 Hektar großen Rößlerweiher zurückhalten, damit er nicht ausbricht und das Wasser in Richtung Weingarten läuft. „Eigentlich dürfte hier gar kein Baum wachsen“, erklärt er. Auf dem Damm wuchsen dicke Bäume, die, wenn sie beispielsweise durch einen Sturm umgerissen werden würden, den Damm einreißen würden, so Gogic. „Eigentlich hätte man hier schon vor Jahren handeln müssen“, sagt der Kreisforstamtsleiter. Außerdem habe man sich auch mit dem Naturschutzbeauftragten abgestimmt.
Bäume treiben wieder aus „Hätte man uns gefragt, hätten wir auf jeden Fall widersprochen“, sagt Hubert Kapler vom Nabu. „Man hätte selektiv vorgehen können. Bei einer solchen Kahllegung des Ufers fehlt es an der nötigen Sensibilität für den Natur- und Artenschutz. Auf diese Art kann man nicht einfach in ein Schutzgebiet eingreifen“, sagt er.
Doch Marijan Gogic verteidigt das Vorgehen. Viele Bäume würden wieder austreiben. Außerdem habe man ja auch nur an diesem Abschnitt gefällt und nicht im Waldbiotop. „Es ist ein optisches Problem, wir hauen nicht einfach irgendwo was weg“, sagt Gogic. Auch das Argument, man habe das nur wegen des Geldes getan, sei falsch, denn es habe lediglich Kosten verursacht. „Und wir haben es auch sicher nicht getan, um jemanden zu ärgern“, sagt er.