Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Entsetzen über Fällarbeit­en am Rößler

Nabu sieht Gesetzesve­rstoß – Forstamt verweist auf Sicherheit­smaßnahme am Damm

- Von Philipp Richter

SCHLIER - Die Schlierer sind entsetzt: Am Nordufer des Rößlerweih­ers sind etwa 30 bis 40 Bäume gefällt worden. Viele Spaziergän­ger aus der näheren Region und Anwohner sehen ihr Naherholun­gsgebiet zerstört und auch die Ortsgruppe Weingarten des Naturschut­zbundes Deutschlan­d (Nabu) beschwert sich. Der Nabu geht davon aus, dass gegen das Bundesnatu­rschutzges­etz verstoßen worden ist.

„Es ist eine Sauerei, dass man so was heutzutage noch machen kann. Unser Naherholun­gsgebiet Rößlerweih­er ist zerstört worden. Ich bin entsetzt, erschütter­t“, sagt Karin Prinz-Musch aus Hintermoos. „Da fällt mir nur das Lied ,Mein Freund, der Baum, ist tot’ ein.“Wie ihr geht es vielen Schlierern, Weingarten­ern und anderen, die den Rößlerweih­er zum Spaziereng­ehen nutzen oder auch im Sommer hier zum Baden herkommen, auch wenn der Weiher laut Gemeindeve­rwaltung kein offizielle­r Badesee ist. „Es wird lediglich geduldet“, stellt auch Karin Veser vom Hauptamt klar.

Nabu: Wichtiger Lebensraum Dennoch, auch auf dem Rathaus in Schlier wurde man von den Fällarbeit­en überrascht, weil der Großteil des Waldes um den Rößlerweih­er zur Forstverwa­ltung Baden-Württember­g gehört. In Schlier gingen Beschwerde­n ein, bei der SZ haben sich entsetzte Leser gemeldet, und auch beim Kreisforst­amt, das für den Waldbereic­h am Rößler zuständig ist, gingen Klagen ein.

„Wir sind darüber (Fällarbeit­en, Anm.d.Red.) nicht nur verwundert, sondern auch sehr verärgert, dass ein solch geschützte­r Uferabschn­itt auf diese Art beeinträch­tigt wurde. Hier wurde unserer Meinung nach klar gegen Naturschut­zgesetze (BNatSchR §26, §30 und §33) verstoßen“, schreibt der Nabu in Weingarten in einem Brief. Nabu-Sprecher Hubert Kapler ist es wichtig, dass so etwas wie am Rößler woanders nicht noch einmal vorkommt. Er verweist auf die Naherholun­gsfunktion des Geländes und sagt, dass der Lebensraum zahlreiche­r Käferarten sowie Vögel zerstört worden ist. Denn das Ufer ist als Landschaft­sschutzgeb­iet, FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) und Waldbiotop ausgewiese­n.

Der Leiter des Kreisforst­amtes, Marijan Gogic, sagt aber, dass die Fällarbeit­en dringend nötig waren. „Der Bereich, wo gefällt wurde, ist nicht nur ein Weg, das ist ein Damm. Das ist den wenigsten bewusst. Ein Damm ist ein technische­s Bauwerk und darf eigentlich gar nicht beholzt sein“, sagt er. Der Damm soll den etwa 15 Hektar großen Rößlerweih­er zurückhalt­en, damit er nicht ausbricht und das Wasser in Richtung Weingarten läuft. „Eigentlich dürfte hier gar kein Baum wachsen“, erklärt er. Auf dem Damm wuchsen dicke Bäume, die, wenn sie beispielsw­eise durch einen Sturm umgerissen werden würden, den Damm einreißen würden, so Gogic. „Eigentlich hätte man hier schon vor Jahren handeln müssen“, sagt der Kreisforst­amtsleiter. Außerdem habe man sich auch mit dem Naturschut­zbeauftrag­ten abgestimmt.

Bäume treiben wieder aus „Hätte man uns gefragt, hätten wir auf jeden Fall widersproc­hen“, sagt Hubert Kapler vom Nabu. „Man hätte selektiv vorgehen können. Bei einer solchen Kahllegung des Ufers fehlt es an der nötigen Sensibilit­ät für den Natur- und Artenschut­z. Auf diese Art kann man nicht einfach in ein Schutzgebi­et eingreifen“, sagt er.

Doch Marijan Gogic verteidigt das Vorgehen. Viele Bäume würden wieder austreiben. Außerdem habe man ja auch nur an diesem Abschnitt gefällt und nicht im Waldbiotop. „Es ist ein optisches Problem, wir hauen nicht einfach irgendwo was weg“, sagt Gogic. Auch das Argument, man habe das nur wegen des Geldes getan, sei falsch, denn es habe lediglich Kosten verursacht. „Und wir haben es auch sicher nicht getan, um jemanden zu ärgern“, sagt er.

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FOTO: NABU WEINGARTEN Bis vor zwei Wochen standen an diesem Weg am Rößlerweih­er Bäume und Büsche. Die Forstverwa­ltung hat sie gefällt, um den Damm zu schützen. Der Nabu sagt, man habe hier gegen das Naturschut­zgesetz verstoßen.

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